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Editorial

Ihnen allen, liebe Leserinnen und Leser, wünscht die Redaktion der NG|FH ein gutes und friedvolles Jahr 2019.

Wir beginnen dieses Jahr mit zwei Themen, die wegen ihrer besonderen und wachsenden Unübersichtlichkeit unsere beständige Aufmerksamkeit verdienen: das gefährdete Europa und die zerfasernde Weltordnung. Einig sind sich fast alle informierten Beobachter darüber, dass die liberale Weltordnung unter amerikanischer »Aufsicht« ausrinnt. Das gilt auch für die Einschätzung der vor uns liegenden Zeit als einer vermutlich länger währenden Periode des Übergangs. Uneinigkeit hingegen herrscht, sobald es um die Einschätzung der Konturen der neuen Ordnung geht, die sich nun herausbildet. Sogar die Antwort auf die Überlebensfrage, ob das wirklich eine Ordnung der geregelten und verlässlichen Kooperation sein wird, also ein stabiler Multilateralismus, oder ein unbeständiges Ringen um nationale Vorteile und Dominanz immer am Rande des großen Konflikts, ist heute ungewisser als in den vergangenen Jahrzehnten. Gelingt China der proklamierte friedliche Aufstieg zur neuen Supermacht? Sind die USA (hoffentlich bald auch ohne Donald Trump) gewillt, das Maß an globaler Verantwortung wieder zu übernehmen, ohne das eine gedeihliche Weltordnung gar nicht denkbar ist. Und Russland? Wird die eurasische Großmacht, die im Inneren schwach und gefährdet ist, nach außen den gefährlichen Putin-Mix aus militärischen Übergriffen, Förderung der rechtspopulistischen Feinde der EU und verdeckten Störmanövern gegen die demokratische Willensbildung in Schlüsselländern des Westens fortsetzen, weil er in ihrem Sinne bisher so erfolgreich war? Lauter offene Fragen.

Und Europa? Ach, Europa! Der politische Kontinent, dem die Hoffnung so Vieler gilt, sich als einflussreiche und demokratisch verlässliche Stimme im Weltkonzert der Mächte für eine Politik stark zu machen, die Multilateralismus statt Nationalismus, Kooperation statt Muskelspielen sowie die gemeinsame Bewältigung globaler Herausforderungen wie Klimawandel, Armut und Migration voranbringt, wird schwächer und unsicherer. Die inneren Risse der EU nehmen zu und damit unweigerlich auch die Lähmung ihrer äußeren Handlungsfähigkeit. Und nun steht selbst der französische Präsident Emmanuel Macron, der mit innovativen Ideen der Union neue Lebenskräfte zuführen wollte, im eigenen Land mit dem Rücken zur Wand. Das Gebrechen, an dem die EU krankt, besteht im Kern darin, dass sie in den Augen sehr Vieler die Unsicherheiten der Globalisierung eher noch vermehrt als verringert hat. Diesen Trend muss sie glaubwürdig umkehren. Die nächste Chance dazu bieten die Wahlen zum EU-Parlament im Mai dieses Jahres.

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