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Editorial

Das könnte der lang erwartete Befreiungsschlag gewesen sein, der der Sozialdemokratie mit ihrem Projekt zur sozialpolitischen Erneuerung soeben gelungen ist – sofern weitere Neuerungen (etwa in der Wohnungspolitik) folgen und nicht sofort wieder in den eigenen Reihen das alte Spiel beginnt, die Sache zu zerreden. Es geht dabei ja nicht nur um bedeutende sozialpolitische Innovationen, wie das Bürgergeld anstelle des für Viele zum Drohgespenst gewordenen Hartz IV, verbunden mit der Grundrente und der Kindergrundsicherung, sondern um zwei bedeutsame symbolische Signale, die damit zusammenhängen. Das eine davon, das zum Ausgangspunkt der so verzweifelt gesuchten sozialdemokratischen Erzählung für das 21. Jahrhundert werden könnte, ist die Wiederentdeckung der sozialen Bürgerschaft, der sozialen und ökonomischen Grundrechte, als Quelle der Legitimation und als politische Langfristorientierung sozialdemokratischer Politik. Daraus ergeben sich die entscheidenden Impulse für alle anderen gesellschaftlichen Bereiche, insbesondere auch, wie das Projekt zeigt, für den sozialpolitischen Teil einer humanen Gestaltung der digitalen Revolution (dazu mehr in dieser Ausgabe). Das andere Signal ist der selbstbewusste Beginn einer produktiven politischen Doppelstrategie, die es versteht, die verlässliche Mitarbeit in einer Regierungskoalition, zumal einer CDU-geführten, mit der unzweideutigen und beständigen öffentlichen Verkündung der eigentlichen sozialdemokratischen Langfristziele zu verbinden – eine naheliegende Vorgehensweise, die von der Partei fatalerweise bislang gemieden wurde. Eine Entscheidung, die ihre Mitwirkung in Großen Koalitionen nicht mehr automatisch zu einem fast tödlichen Risiko werden lässt, weil sie die Regel des vertrauten Spiels außer Kraft setzt, dass die CDU am Wahltag (fast) alles kassiert.

Daran schließt das Hauptthema dieser Ausgabe »@rbeit« mit einer Reihe von Beiträgen zum Wandel und zur politischen Gestaltung der Arbeitswelt in der digitalisierten Wirtschaft an. Unser zweiter Schwerpunkt bleibt bis Mai dieses Jahres die Wahl zum Europaparlament. Unser Autor Björn Hacker entfaltet in kompakter Form das Panorama der umfassenden europäischen Reformstrategie für ein solidarisches und soziales Europa, um die es bei dieser Wahl vor allem geht. Dabei wird auch deutlich, dass die kursierenden luftigen Europautopien für die Unterstützung der jetzt fälligen und im Prinzip auch machbaren europäischen Einigungsfortschritte (Finanzminister und Haushalt für die Eurozone, EU-weite solidarische Arbeitslosenversicherung) jetzt eher hinderlich sind, weil sie die prinzipiellen Bedenkenträger stärken und die möglichen Fortschritte entwerten. Fazit: Geht wählen, damit die Gegner der EU nicht stärker werden!

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