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Adolf Grimme – zur Erinnerung an einen religiösen Sozialisten

Am 29. November 1922 richtet Adolf Grimme an den Vorsitzenden des SPD Ortsvereins Hannover-Laatzen, Wilhelm Hess, die Bitte um Aufnahme in die Partei. Seinen Antrag begründet er so: »Wenn ich den Schritt zur SPD tue, geschieht es, weil ich, soweit ich sehen kann, in ihr den fruchtbarsten Boden für die so notwendige auszustreuende Saat der Gemeinschaftskultur erblicke und in den Jungsozialisten wie vor allem in den religiösen Sozialisten die Bannerträger eines neuen sich verpflichtet fühlenden ausbauwilligen Parteigeistes verspüre. Meine Wendung zum Sozialismus erfolgt aus religiösen Einsichten, über die ich in einer Schrift der entschiedenen Schulrefomer sprechen will, die im Herbst erscheint.« Die Schrift, deren Erscheinen er hier ankündigt, liegt seit 1923, also seit 100 Jahren, vor: Der religiöse Mensch. Aber als Studienrat in der SPD und entschiedener Schulreformer im Höheren Lehramt ist Grimme damals genauso singulär wie als religiöser Sozialist im Ortsverein Hannover-Laatzen. Erinnern wir uns an einen ganz besonderen Sozialdemokraten und Bildungspolitiker. Vor 60 Jahren ist Adolf Grimme verstorben.

Der Form nach ist es ein Tagebuch mit Gedanken zu Briefen an einen Freund. Die Aufzeichnungen in Der religiöse Mensch beginnen am 20. Juli 1922. Der letzte Eintrag stammt vom 5. August. Man wird sagen können, Adolf Grimme nutzt einen Teil der Schulferien im Sommer, um seine Gedanken zu notieren. Dabei greift er auf gemeinsame Gesprächsthemen zurück, spricht als Familienvater von Erfahrungen mit seinen Kindern und von der Sorge, was aus ihnen wird, wenn sie demnächst zur Schule kommen. In der Anlage erinnert vieles an die »Bekenntnisse« des Augustinus, die er gekannt haben dürfte.

Adolf Grimme glaubt nicht, dass es eine gottlose Welt und einen weltlosen Gott gibt.

Adolf Grimme versteht sich selbst als einen religiösen Menschen, als jemand, der sich Gott verantwortlich fühlt und der nicht glaubt, dass es eine gottlose Welt und einen weltlosen Gott gibt. Religion leitet sich aber nicht von Kirche ab. »Religion ist nicht Hinnahme, Religion ist Aufgabe. Sie ist nicht Flucht, sie ist Durchdringung«, schreibt er.

Alle Bereiche der Wirklichkeit müssen auf Gemeinschaft ausgerichtet werden und auf solidarische Unterstützung. Das ist genau das, was den Sozialismus antreibt. Dafür braucht es aber die »Gemeinschaftspersönlichkeit«, die nicht egoistisch handelt, sondern bereit ist, ihre Begabungen mit den anderen zu teilen. Der religiöse Mensch folgt einer bestimmten Weltanschauung: Schule, Staat, Wirtschaft und internationale Politik müssen den Individualismus überschreiten und die gemeinsame Verantwortung verwirklichen. »Der religiöse Mensch will selbst ein Christus sein. Nicht Christus der Gott, sondern Jesus, der gottbesessene Mensch, ist ihm Vorbild mannhafter Entschiedenheit im Kampf um die religiöse Aufgabe, die Welt zu einem Stück des göttlichen Reichs zu gestalten, in dem alles, was wir tun und denken, im Wirtschaftsleben so gut wie im Dasein des Staates, nichts anderes mehr ist als Gottesdienst, Dienst am gemeinsamen Werk mit Gott.«

Etwa in der Mitte seiner Gedankennotizen kommen Grimme Zweifel daran auf, ob die Wende zu einem gemeinschaftlichen Denken überhaupt gelingen kann, wenn selbst seine wohlmeinenden Bekannten das für unmöglich halten. Aber dann berichtet er von seiner Begegnung mit Jugendlichen, die das alte Denken hinter sich lassen wollen, die nicht antikapitalistisch, sondern »akapitalistisch« denken, die »gestaltende Persönlichkeiten« werden wollen. Sie hängen nicht etwa einem schwärmerischen Idealismus an, stellt Adolf Grimme fest, sondern schätzen die »Pflicht zur Gemeinschaft« höher als den Egoismus des Einzelnen, der Familie, der Gruppe, der Klasse.

Seine Idee einer »religiösen Schule«

Wenn heute jemand eine Schrift unter dem Titel »Die religiöse Schule« veröffentlichte, dürfte er wenig Interessenten finden. Das war 1923, als der junge Studienrat Adolf Grimme aus Hannover eine solche Publikation vorlegte, nicht anders. Sollte das etwa ein Beitrag zum Streit um die Bekenntnisschule sein oder wieder eine dieser lebensreformerischen Ideen, die eine Rückbesinnung auf etwas Organisches propagierten?

Auf zwei Tagungen des »Bundes Entschiedener Schulreformer« – am 28. Juli in Leer und am 8. Oktober 1923 in Berlin – hat Adolf Grimme diesen Vortrag gehalten. In seiner Reflexionsschrift Der religiöse Mensch hält er das Entstehen fest. Paul Oestreich, einer der Initiatoren des »Bundes Entschiedener Schulreformer«, hat ein höchst interessantes Geleitwort zu Grimmes Veröffentlichung vorangestellt. Mochten Grimmes Ausführungen in Leer eine fromme Zuhörerschaft gefunden haben, in Berlin »ward es ein Versagen«, schreibt Oestreich. Das Auditorium sei gespalten bis ablehnend gewesen. Er fährt fort: Selbst sei er schon lange aus der Kirche ausgetreten, aber sein Beweggrund zur Veröffentlichung der Rede von Grimme sei, das Europa zu Grunde gehe, weil es »ohne Mythos« sei! Oestreich ordnet den christlichen Glauben, ordnet Religion als einen Mythos ein, allerdings als einen gestrigen, der den neuen Aufgaben nicht gewachsen sei. Damit formuliert er in allem genau das Gegenteil von Grimmes Überzeugung.

»Adolf Grimme geht es um die Erziehung einer neuen Generation. Es geht ihm um Sinn, Werte, Orientierung und Persönlichkeit.«

Adolf Grimme geht es um die Wiedergewinnung einer Idee von schulischer Bildung. Es geht um die Erziehung einer neuen Generation. Es geht ihm um Sinn, Werte, Orientierung und Persönlichkeit. Lasst uns wegkommen von dem Kleinklein der Fragen zur Schulorganisation und von dem Streit um die Bekenntnisschule. In dieser Zeit und in dieser Welt sollen die Schülerinnen und Schüler Überzeitliches und Überweltliches entdecken und weiter geben. Es geht um Religion! Und die leitende Idee – die »Christusidee“ – der Schule ist der Mensch, der sich selbstlos für eine Gemeinschaft in Frieden und Gerechtigkeit einsetzt. »Der religiöse Mensch ist Sozialist«, stellt Grimme fest. Über weite Passagen seines Vortrages wehrt er sich gegen die atheistischen Argumente von der historischen Unhaltbarkeit des Christusglaubens, gegen die theologischen Bemühungen der Entweltlichung des Evangeliums durch Entmythologisierung sowie gegen die politische und seelsorgliche Erstarrung der Kirchen.

Die Idee einer »religiösen Schule« entwickelt Adolf Grimme aus drei Argumentationssträngen heraus. Der erste: Wir können nicht im Egoismus weiterleben; der zweite: Religiös zu sein bedeutet den Willen Gottes zu mehr Gerechtigkeit politisch umzusetzen; der dritte: Die junge Generation will die alten Wege verlassen und mehr Ernsthaftigkeit, mehr Gemeinschaft, mehr politische Gestaltungskraft. »Der Schule Hochziel ist der unruhevolle Mensch, sind Menschen, die die Glut verzehrt, da wo sie stehn in Wirtschaft, Staat, im Geistesleben die Welt zu einem Stück im großen Garten Gottes umzugraben ...«, schließt Adolf Grimme seinen Vortrag.

Religiöser Sozialist, aber strikter Gegner des Marxismus.

Adolf Grimme bleibt als religiöser Sozialist ein Einzelgänger. Er schließt sich nicht dem »Bund der religiösen Sozialisten« an, publiziert nicht in ihren Organen und spricht nicht auf ihren Veranstaltungen. Auch in der SPD nimmt er eine Sonderstellung ein, indem er strikt gegen den Marxismus ist, eine allein auf materiellen Zugewinn ausgerichtete Gewerkschaftspolitik ablehnt, sich auch nicht den verschiedenen Reformströmungen – ethische Sozialisten, jungsozialistische Gruppen – zurechnet und als humanistisch gebildeter Akademiker nicht zur alltäglichen Ortsvereinsarbeit neigt.

Nicht neutral sein

Aber er lässt sich in die Pflicht nehmen, auch wenn er oft auf Widerstand oder gar Ablehnung stößt. 1923 wird für Adolf Grimme auch dadurch ein besonderes Jahr, dass er aus der Schule in die Schulverwaltung wechselt. Zuerst als Dezernent in Hannover, dann als Oberschulrat in Magdeburg, als persönlicher Referent des preußischen Kultusministers in Berlin und schließlich als Vizepräsident der Schulabteilung in Braunschweig. 1930 beruft ihn Otto Braun zum Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung in die Regierung des Landes Preußen. Die Partei hatte Druck gemacht, endlich einen Sozialdemokraten in dieses Amt zu holen. Seine Amtszeit ist nicht einfach: Sparzwänge, Rücksicht auf den Koalitionspartner Zentrum, Angriffe von Nazis und Kommunisten.

Adolf Grimme wird zum wichtigsten Bildungspolitiker der SPD.

Man darf sagen, dass Adolf Grimme in diesen Jahren zum wichtigsten Bildungspolitiker der SPD wird. 1932 übernimmt er den Vorsitz im »Sozialistischen Kulturbund« sowie im »Reichsausschuß für die sozialistische Bildungsarbeit«. Der Kuturbund ist die Dachorganisation aller kulturell tätigen Verbände der Sozialdemokratie. Der Reichsausschuss ist die zentrale Einrichtung beim Parteivorstand des SPD zur Koordinierung der Bildungsarbeit der Partei.

Der Dietz-Verlag veröffentlicht 1932 zwei Broschüren mit Reden von Adolf Grimme, die er als Minister gehalten hat. Die Ansprachen sind durchzogen von einer großen Leidenschaft für die Republik und von einer Hochachtung für den Einsatz bei der Verteidigung von Demokratie und Freiheit gegen ihre Feinde von rechts und von links. Mit Respekt blickt er auch auf die Menschen, die sich von einer anderen Weltanschauung her stark machen für das Gemeinwohl. Seine Reden sind erfüllt von dem positiven Ton der Ermutigung für die gemeinsame Sache.

In seiner Ansprache bei der Vierzigjahrfeier der Arbeiterbildungsschule Berlin im Januar 1931 hebt Grimme erneut hervor, dass es sich bei Politik und Bildung nicht um zwei getrennte Lebensbereiche handele. Zwar verwendet er die Formel von der »religiösen Schule« hier nicht mehr, aber er bleibt bei seiner Forderung, dass Bildung dem Ziel einer Mitgestaltung des Politischen zu folgen habe. Im Mai des Jahres spricht Grimme auf einer Tagung über »Das Bildungsziel der Volksschule«. Dort knüpft er an seine zehn Jahre zuvor entworfene Bildungsidee trotz aller Sparzwänge und politischer Verwerfungen wieder an: »Kräfte wecken, die man nutzen kann, Freude lebendig zu machen an der Auseinandersetzung mit der Welt, den Glauben stützen an die Kraft und das Berufensein auch des geringsten Menschenlebens, als Mitarbeiter teilzuhaben an der Weltgestaltung.« In seiner Rede vor dem Preußischen Landtag im März 1931 verteidigt er die politische Bildung zur Demokratie in den Schulen mit den Worten: »Wir müssen objektiv sein, wir dürfen nicht neutral sein.«

»Politik und Bildung sind nicht zwei getrennte Lebensbereiche; Bildung hat dem Ziel einer Mitgestaltung des Politischen zu folgen.«

Am 20. Juli 1932 wird Adolf Grimme mit der gesamten Landesregierung von Reichskanzler von Papen seines Amtes enthoben (»Preußenschlag«), bleibt aber weiter geschäftsführend im Amt. Anfang März 1933 fordert ihn der Polizeipräsident von Berlin auf, seinen Pass abzugeben und Ende des Monats wird ihm durch von Papen das endgültige Aus seiner Regierungstätigkeit mitgeteilt. Die Nazis kürzen ihm das zustehende Ruhegehalt. Er lebt jetzt eine »Proletenexistenz«, wie er damals selbst schreibt. Am 11. Oktober 1942 wird Adolf Grimme verhaftet und im anschließenden Prozess zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.

Noch vor seiner Verhaftung beginnt er mit Studien über das Johannesevangelium. In der Haft treibt ihn die Sorge um, dass er diese Tätigkeit nicht mehr zum Abschluss bringen kann. Von der Kirche habe er sich immer weiter entfernt, schreibt er in einem Brief aus dem Zuchthaus, aber das Evangelium sei ihm jetzt der Halt seines Glaubens. Günter Weisenborn kann in seinen Erinnerungen von den vielen Vorträgen berichten, die Grimme in ihrer gemeinsamen Zelle zum Johannesevangelium erteilte. »Grimme, einer der saubersten und sympathischsten Menschen meiner Haftzeit, ein außerordentlicher Kamerad«, urteilt Weisenborn. 1969 wird schließlich aus Adolf Grimmes Nachlass die Schrift Sinn und Widersinn des Christentums mit 534 Seiten herausgegeben. Zwanzig Jahre hat er daran gearbeitet.

Als Christ muss man Sozialist sein

Im August 1945 übernimmt Adolf Grimme in Hannover die Verantwortung für das Höhere Schulwesen. Seine Ausstattung ist minimal, seine Aufgaben sind maximal. Am 23. November 1946 wird er zum Minister für Volksbildung, Kunst und Wissenschaft in Niedersachsen ernannt. Zugleich ist er Landtagsabgeordneter, beteiligt sich am Wiederaufbau der SPD und wird von der Partei beauftragt bildungspolitische Perspektiven zu erarbeiten. 1948 bis 1958 ist er Mitglied im Parteivorstand der SPD. 1948 wird er Generalintendant des Nordwestdeutschen Rundfunks. Auf seine Verdienste beim Aufbau der Volkshochschulen, der Studienstiftung und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei hier nur hingewiesen.

Kurz nach dem Krieg greift Adolf Grimme seine Ideen aus den Jahren vor der NS-Diktatur wieder auf und führt sie weiter als Ermutigung und Orientierung von jungen Menschen. Am 7. Mai 1946 spricht er in der Stadthalle von Hannover auf einer großen Jugendkundgebung. Eingangs formuliert er sein Verständnis für die Jugendlichen, die sich aus mangelnder Einsicht, aus Abenteuerlust oder um keine Nachteile erdulden zu müssen, den Nazis angeschlossen haben. Ihr habt geglaubt, hebt er hervor, aber ihr habt das Falsche geglaubt. Behaltet eure Fähigkeit zu glauben, aber richtet sie jetzt auf die Würde des Menschen, auf die Freiheit und auf die Demokratie.

»Richtet eure Fähigkeit zu glauben auf die Würde des Menschen, auf die Freiheit und auf die Demokratie.«

Adolf Grimme wird nicht müde immer wieder die Demokratie zu erklären. Ein Demokrat respektiere jeden Menschen in seinem Anderssein. Die Grundlage der Demokratie, so fasst Grimme seine Rede zusammen, liege im Vorpolitischen. Sie sei ein geistig-seelisches Verhalten, sie sei der Glaube an Wert und Würde eines jeden Menschen. Und der Sozialismus, so hören die Jugendlichen Adolf Grimme sagen, will, dass nirgendwo die Würde des Menschen von äußeren Bedingungen beeinträchtigt wird. Letztendlich, so betont er, gründen Demokratie und Sozialismus im Religiösen. Bereits im Januar 1946 äußert sich Adolf Grimme in einer Diskussion in einem ähnlichen Sinne: »Als Sozialist kann man ein Christ sein, als Christ muß man ein Sozialist sein.«

Etwa zur selben Zeit – Anfang 1946 – laden die beiden Dominikaner Laurentius Siemer und Eberhard Welty – sie vertreten einen christlichen Sozialismus auf der Grundlage der katholischen Soziallehre – die beiden führenden Sozialdemokraten Kurt Schumacher und Adolf Grimme zu einer Diskussion ins Kloster Walberberg bei Köln ein. Die Hannoveraner müssen aber aus Arbeitsüberlastung das Treffen absagen. Die Diskussion findet somit nicht statt. Aber im Sommer des Jahres übersendet Welty an Schumacher und an Grimme seine Schrift Entscheidung für die Zukunft. Wer diese Ausführungen liest, wird auch heute noch davon überzeugt werden können, dass die Walberberger Zusammenkunft eine Neuorientierung im Verhältnis zwischen Katholizismus und Sozialdemokratie hätte erbringen können.

Was über den Tag hinaus gilt

Noch im Alter schreibt Adolf Grimme rückblickend auf die Weimarer Jahre von den Schwierigkeiten, die ihm evangelische Kirchenleitungen bereitet haben, weil er in der SPD war. Er wirft der Kirche vor, Christlichkeit erst nach der richtigen Beantwortung von Katechismusfragen zu attestieren und nicht auf die religiöse Existenz des Menschen zu blicken. Jesus sei aber der »Inbegriff des religiösen Menschentums« und nicht ein Resultat theologischer Spekulationen. Vom Beginn der 20er Jahre an bis zu seinem Tod bleibt Adolf Grimme überzeugt von einer Synthese von Religion und Sozialismus. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dürften keinen Menschen daran hindern, zu werden, worauf er angelegt sei. Dieser zutiefst christliche Gedanke führe zum Sozialismus. Religion sei eben keine Privatsache und der Sozialismus keine materielle Bewegung.

Adolf Grimme ist überzeugt von einer Synthese von Religion und Sozialismus.

Adolf Grimme entdeckt im Johannesevangelium die Kritik an der Versklavung der Menschen durch das Materielle und die Kritik an der von den Kirchen gepredigten weltlosen Innerlichkeit. Deshalb ist es letztlich gar nicht paradox, wenn man feststellen muss, dass Adolf Grimme nach dem Krieg als Kultusminister zerrieben wird an der Frage nach der Wiedereröffnung konfessioneller Schulen. Die Kirchenvertreter haben nicht verstanden, was er mit einer »religiösen Schule« gemeint hat. Sie verstehen seinen religiösen Sozialismus als Provokation ihrer kirchlichen Lehren. Seinem Eintreten für Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Demokratie stellen sie die Eingliederung in ihre kirchlichen Strukturen entgegen.

Heute mögen viele Adolf Grimmes Ideen von einem religiösen Menschen, einer religiösen Schule und eines religiösen Sozialismus als längst überholte Sondermeinung abtun. Aber seine Fragen nach dem, was über den Tag hinaus gilt, wohin wir mit unserer Welt wollen und wie wir Menschen bewegen können, sind heute aktueller denn je. Mutig und ehrlich ist Adolf Grimme Zeit seines Lebens. Stets vertraut er auf den Geist Gottes, die Begeisterungsfähigkeit der Jugend und die Überzeugungskraft der sozialistischen Idee. Ihn trägt die Hoffnung, dem Reich Gottes in dieser Welt näher zu kommen durch eine demokratische Gesellschaft, durch die Anerkennung der Würde jedes Menschen und durch den Einsatz für die Freiheit, verwirklichen zu können, wofür man seine Talente mitgebracht hat.

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