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Weitere Schritte zur sozialen Absicherung müssen folgen Beruf Kunst

Die Kunst- und Kulturschaffenden unterliegen den Regeln der freien Berufe, stellen hierin jedoch eine Sondergruppe dar. Auch im Kultur- und Medienbereich sind viele Soloselbstständige hybrid erwerbstätig, d. h. sie sind sowohl abhängig beschäftigt als auch selbstständig erwerbstätig. Typisch für eine selbstständige Tätigkeit sind Einkommensschwankungen, typisch für die Kunst sind überwiegend niedrige Einkommen. Daher ergänzen viele Künstler:innen die Selbstständigkeit durch abhängige Beschäftigung(en). Mit beiden Erwerbstätigkeiten unterliegen sie grundsätzlich dem Sozialversicherungsschutz. Allerdings nur bei der abhängigen Beschäftigung leisten sie und der Arbeitgeber Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Die selbstständige Tätigkeit ist nicht vom System der regulären Arbeitslosenversicherung erfasst. Gelänge es, die Einnahmenseite der Kunstschaffenden zu stärken und soziale Absicherung der Selbstständigen und Soloselbstständigen weiterzuentwickeln, sodass Einkommensausfälle besser aufgefangen werden könnten, würde auch den Urheber:innen über den Applaus hinaus die Wertschätzung entgegengebracht, die ihnen ein respektvolles Leben erst ermöglicht.

Über den Applaus hinaus

Einnahmen dienen der Sicherung der Lebenshaltungskosten, sind aber auch Berechnungsgrundlage für Versicherungsschutz, Ersatzleistungen und Renten. In allen Bereichen besteht Reform- und Stabilisierungsbedarf. Auch weil das Zahlungsbewusstsein auf Seiten der (privat) Nutzenden schwach ausgeprägt ist, sind Einkommen in der Kunst überwiegend niedrig. Bei der öffentlichen Hand ist das Verständnis für Kunstförderung als Investition in die Gesellschaft durch die Erfahrungen während der Coronapandemie zwar leicht gewachsen – wie die Einführung von Honoraruntergrenzen für künstlerische Leistungen bei der Förderung des Bundes zeigen. Die Länder und Kommunen setzen diese grundsätzliche Regelung jedoch nur schleppend um. Und selbst bewährte investive Verfahren wie die Kunst am Bau treffen hier auf unterschiedliche Resonanz.

»Einkommen in der Kunst sind überwiegend niedrig.«

In allen Rechtsordnungen schützt das Urheberrecht ein originales Werk der Kunst. Es handelt sich um geistiges Eigentum, für dessen Vervielfältigung und Verbreitung für deren Schöpfer:innen Vergütungen gesichert werden sollen. Daher ist das Urheberrecht der zentrale, seit Beginn des digitalen Zeitalters bekanntermaßen am meisten umkämpfte Baustein für das Einkommen der Urheber:innen. Wie wenig ausgeprägt das Verständnis einer Zahlungspflicht an die Kunstschaffenden ist, zeigt beispielhaft die ungefragte und kostenfreie Nutzung der Kunstwerke für das Training von Künstlicher Intelligenz; die spät in Kraft getretenen EU-Regelungen sind viel zu zaghaft und nur halbherzig umgesetzt.

Bedeutung des Urheberrechtes

Aufgabe der Verwertungsgesellschaften ist es, aus der privaten und gewerblichen Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken Einnahmen für die einzelnen – wenigstens kleine für möglichst alle – Kunstschaffenden zu erzielen, geregelt kollektiv zu verteilen und weitere Kunstverwerter für Direktvergütungen in die Pflicht zu nehmen. Digitale Plattformen und Streamingdienste kommen da in den Blick. Diese regeln die Vergütung ihrerseits intern nach Marktanteilen und Gewinnlogik – Unternehmen zuerst, Künstlervergütung nach Quantität der Nutzung, Bevorteilung der Erfolgreichen und Verteilung der Verluste auf die breite Masse. Zahlungen an Verwertungsgesellschaften sollen vermieden werden. Die unzähligen Nutzer von Kunst lieben den Kunstgenuss sowieso umsonst, zu jeder Zeit. Und so werden die Mobiltelefone gezückt, um Kunstwerke in Ausstellungen, Karikaturen auf Postkartenauslagen zu fotografieren, Musik wird kopiert oder Filme kostenvermeidend geteilt usw.

Diese Strukturen verschaffen den wenigen Erfolgreichen exorbitante Gewinne, für die anderen, die Mehrzahl der Künstler:innen, erhöht sich der Preisdruck. Ausbleibende Honorare, unregelmäßige Auftragslagen, insgesamt lückenhafte Einnahmen sind Alltag bei selbstständigen Künstler:innen, deren Achillesferse obendrein eine hohe intrinsische Motivation ist.

Pflichtversicherung Künstlersozialkasse (KSK)

»Der Staat fördert mit der Künstlersozialversicherung die Künstler und Publizisten, die erwerbsmäßig selbständig arbeiten, weil diese Berufsgruppe sozial meist deutlich schlechter abgesichert ist als andere Selbständige. Das ist nicht nur eine sozialpolitische, sondern auch eine kulturpolitische Errungenschaft. Denn mit dieser Einrichtung wird die schöpferische Aufgabe von Künstlern und Publizisten als wichtig für die Gesellschaft anerkannt«, so die KSK über sich selbst.

»Die KSK ist unverzichtbarer Baustein der sozialen Sicherung Kreativer.«

100 Jahre nach der ersten staatlich gegründeten Krankenversicherung für Arbeiter (1883) trat in der Bundesrepublik Deutschland zum 1. Januar 1983 das Künstlersozialversicherungsgesetz in Kraft, das erstmals die selbständigen Künstler:innen und Publizist:innen pflichtweise in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung einbezog. Ähnlich den gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherungen für Arbeitnehmer:innen ist die KSK jahresaktuell finanziert: 50 Prozent des Beitrags werden durch die Versicherten aufgebracht. Derzeit rund 30 Prozent tragen Verwerter bzw. Auftraggeber durch die Künstlersozialabgabe, hinzu kommen staatliche Zuschüsse. Künstler:innen sind – unter bestimmten, klar definierten Voraussetzungen, wie u.a. der Einkommenserwartung von mehr als 3.900 Euro Jahreseinkommen aus künstlerischer Arbeit – krankenversichert im Solidaritätsprinzip und können beitragsabhängige Geldleistungen wie Renten oder Krankengeld erhalten. Die sich dynamisch entwickelnde KSK

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