Der Ruf nach dem starken Mann wird immer lauter. Er ist längst unüberhörbar. 80 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus macht sich eine tiefe Sehnsucht breit nach einem, der ohne Kompromisse und demokratische Verwässerungen gegen jeden Widerstand die Macht an sich reißt. Es werden sogar Stimmen lauter, die behaupten, dass unter Hitler auch nicht alles gut war. Was will man da antworten? Es macht sprach- und fassungslos zugleich.
Der starke Mann, der Verteidiger von Heimat, Vaterland und Familie, ist wieder da. Diese vor Kraft strotzende Testosteronschleuder, die im olivgrünen Selenskyj-Shirt durchs Viertel patrouilliert.
»Jetzt gilt der kernige Kerl wieder als Vorbild.«
Die Zeiten sind vorbei, in denen der Vätermonate nehmende Softie mit Baby im Tragetuch über die Spielplätze der Republik marodieren durfte und dafür gefeiert wurde. Nein, jetzt gilt der kernige Kerl wieder als Vorbild, der mit Bart und Craft-Beer am Grill steht und eigenhändig gefangene Rehe brutzelt. Sogar ein Vladimir Putin findet unzählige Bewunderer. Der starke Russe mit nacktem Oberkörper auf seinem durchtrainierten Pferd. Einige haben sogar gefordert, dass sich Olaf Scholz davon eine Scheibe abschneiden solle. Ich denke: bitte nicht.
Männer haben es nicht leicht
Früher haben Männer im Duell einen Bauchschuss bekommen. Und haben dann noch Stunden gebraucht, bis sie gestorben sind. Die haben beim Ausbluten noch zwei Bücher diktiert, drei Kirchen gebaut und 50 Kälber gezeugt. Heute stirbt der Mann an einem Herzinfarkt oder verschluckt sich an einer Salzbrezel. Allein zu Hause auf dem Sofa. Das ist doch schon im Abgang unmännlich. Früher ist man durch die Prärie geritten und hat den Sheriff erschossen. Heute wirst du von einer Politesse zusammengestaucht, wenn du falsch parkst. Da wird nicht wild durch die Landschaft geritten, da tuckelt man mit dem E-Scooter in die Straßenbahnschienen, um sich auf dem Asphalt einen doppelten Kieferbruch zuzuziehen. Und alles muss ausdiskutiert werden. Wenn man früher unterschiedlicher Meinung war, zog der Mann das Schwert und dann hieß es Rübe ab. Ende der Diskussion.
Das würde heute so manche Talkshow enorm verkürzen.
Und jeder kennt das doch aus dem Privaten: Ein Ehestreit lässt sich viel leichter beilegen, wenn die Partnerin bereits in einen Teppich eingerollt im Kofferraum liegt.
Dabei sind die Voraussetzungen besser denn je. Forscher haben herausgefunden, dass die durchschnittliche Penislänge bei Männern weltweit um 24 Prozent zugenommen hat. Der Jonny, der Rüssel, die Nudel wird immer länger. Über die Ursachen wird noch geforscht, aber es wird vermutet, dass es an den zunehmenden sitzenden Tätigkeiten liegt. Also wenn Sie, liebe Männer, demnächst wieder mal Werbung für Penisverlängerung bekommen, einfach ganz ruhig sitzen bleiben. Der wächst noch. Aber spätestens, wenn sich die Rollen des Bürostuhls im Gemächt verfangen, ist es Zeit für ein Stehpult.
»Der Verlierer der Evolution sitzt an den Schalthebeln der Macht.«
Aber wir müssen trotzdem einer Tatsache ins Auge blicken: Das größte Problem in der Welt ist der Mann. Jungs sind anfälliger für Krankheiten, empathielos, gewaltbereit und Bildungsverlierer. Aber kaum sind sie in der Lage, sich die Hosen selbst anzuziehen, traut man ihnen alle Ämter zu, die Staat, Kirche und Gesellschaft zu vergeben haben. Wohin man blickt: Der Verlierer der Evolution sitzt an den Schalthebeln der Macht.
Und Männer sind teuer. Männer gießen Grillanzünder in die heiße Kohle, weil es so schneller geht. Die liegen schon in der Notaufnahme, da ist das Steak noch nicht mal medium. Männer bauen viel mehr Unfälle. Die kommen gar nicht zum schlecht Einparken, weil sie vorher die Karre schon am Hydranten zerlegt haben. Männer saufen, rauchen und essen keinen Salat. Klar, sie sterben dafür auch früher, aber das macht doch das, was sie vorher an Nerven gekostet haben, nicht wett.
Rechtsradikale, Islamisten, Hooligans. Meist Männer. Ungeniert treiben sie ihr Unwesen als Wirtschaftskriminelle, Kriegstreiber und FDP-Vorsitzende. Wir müssen uns schon fragen: Wie lange wollen wir uns Männer eigentlich noch leisten?
Der Nichtsnutz
Anderes Beispiel gefällig? Hühner! Das Schreddern von männlichen Küken ist in Deutschland inzwischen verboten. Zum Glück! Nicht dass Sie mich jetzt falsch verstehen. Das Schreddern von Männern lehne ich grundsätzlich ab. Allein schon aus Selbstschutz. Früher wurden aber die männlichen Küken aussortiert und geschreddert. Oder an Zoos geliefert, wo sie an Schlangen, Raubtiere und Greifvögel verfüttert wurden. Heute müssen die Löwen Heu futtern, denn jetzt gibt es das Bruderhahnkonzept.
Das heißt: Die Brüder werden mit aufgezogen. Das männliche Huhn ist aber ein Problem. Es bildet kaum Brustfleisch aus. Und das, obwohl es genau so viel frisst. Er lohnt sich nur, weil die Frauen ihn mitfinanzieren. Über gestiegene Eier- und Fleischpreise. Sonst würde sich der Mann nicht lohnen. Denn Eier legt er ja auch nicht. Der Nichtsnutz.
Und jetzt kommt's: Nicht nur, dass der Bruderhahn viel frisst, wenig Brust ansetzt, keine Eier legt, nein, er stößt auch noch dreimal so viel CO2 aus. Der Mann neigt zum Furzen. Heiße Luft ist seine Kernkompetenz.
Liegt der Hahn dann mal tiefgekühlt im Supermarkt findet er kaum Abnehmer. Er riecht. Er müffelt. Nach Ochse, Mufflon, Stinktier. Ich weiß es nicht. Jedenfalls nicht nach Huhn. Alles wie beim Menschen auch. Deshalb werden Bruderhähne nach Afrika exportiert. Und zerstören dort den Hühnermarkt, weil ihre hoch subventionierten Schenkel immer noch billiger sind als die einheimischen Hühnerbrüste. Der Mann schafft es, selbst wenn er tot und tiefgefroren in der Kühltheke liegt, noch woanders alles kaputt zu machen.
Und natürlich werden jetzt welche sagen: Männer leisten ja auch Großartiges. Nobelpreisträger, Erfinder, Astronauten! Überdurchschnittlich oft sind das Männer. Aber vielleicht wären ja auch viel mehr Frauen erfolgreich, wenn sie zu Hause einen Schredder hätten.
»Der ›starke Mann‹ ist allenfalls hart, vor allem gegenüber Schwächeren.«
Und trotz alledem, was wir über Männer wissen, wird der Ruf nach dem starken Mann immer lauter. Doch wer ist dieser starke Mann? Trump, Orbán, Erdoğan, Höcke, Putin, Wilders? Bei näherer Betrachtung wird eines klar. Der Begriff des »starken Mannes« ist ein Etikettenschwindel. Der starke Mann ist nicht stark. Allenfalls ist er hart. Vor allem gegenüber Schwächeren. Der starke Mann ist ein narzisstisches, ich-zentriertes Arschloch. Meist ausgestattet mit einer säuselnden Fistelstimme und einer Frisur, für die mehrere tote Frettchen ihr Leben lassen mussten. Männer mit der Empathie eines Felsbrockens und dem geistigen Horizont eines Dreijährigen. Zu allem fähig, aber nicht dazu, ein Land zu regieren. Der starke Mann war schon immer ein armes, kleines Würstchen, das noch mal Metzger werden will.
Stark sind für mich Menschen, die im Hospiz arbeiten, bei der Feuerwehr oder in der Notaufnahme. Menschen, die jeden Tag Elend, Krankheit, Tod erleben und daran nicht kaputt gehen. Und das sind immer noch zumeist Frauen. Starke Frauen ertragen dumme, prügelnde, saufende Männer. Starke Frauen richten die Welt nicht zugrunde. Sie halten sie am Laufen.
Wir Männer sollten den Frauen mehr Macht überlassen. Jetzt. Bevor die noch den Schredder entdecken.
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!