Beginnen wir diesen Text mit einer kleinen Quizrunde. Im Jahr 1990 lebten 58 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern mit geringen durchschnittlichen Einkommen – wie viel Prozent sind es heute? Wie hat sich die globale Suizidrate in den letzten 20 Jahren entwickelt? Und wie viele Pflanzen- und Tierarten sind akut vom Aussterben bedroht?
Die Fragen stammen aus dem Fragebogen »Worldview Upgrader« der Gapminder Foundation (Stand: 2020), die im Jahr 2005 vom schwedischen Arzt und Professor für Internationale Gesundheit Hans Rosling gegründet wurde – mit dem Ziel, eine Weltsicht zu verbreiten, die mehr auf Fakten basiert. Denn Fakt ist: Viele langfristige Entwicklungen sind deutlich positiver, als die meisten Menschen denken. Und so beantwortet auch der Großteil der Befragten, egal ob online oder live bei Veranstaltungen, derartige Fragen falsch.
Warum ist es ein Problem, wenn Menschen nicht wissen, dass Durchschnittseinkommen global stark gestiegen sind? Auf individueller Ebene verpassen sie vielleicht Gelegenheiten, andere Länder kennenzulernen, dorthin zu reisen oder dort zu studieren. Aber es hemmt auch wirtschaftliche Kooperationen, Austausch oder andere Innovationspotenziale.
Und natürlich ist es furchtbar, dass ein Drittel aller Arten weltweit bald für immer verloren sein könnten – aber wenn Menschen die Lage noch schlimmer einschätzen, als sie eigentlich ist, denken sie mitunter auch, dass es ohnehin keinen Sinn mehr macht, überhaupt auf Veränderungen hinzuarbeiten. Die Konsequenz: Menschen resignieren, fühlen sich hilflos.
Interessanterweise haben Medienschaffende oft ein besonders negatives Weltbild. Das ist fatal. Denn von ihnen beziehen wir ja unsere Informationen über die Welt, die über unsere unmittelbare Nachbarschaft hinausreicht.
Wie Medienkonzerne mit unserem Steinzeitgehirn Geld verdienen
Warum präsentieren uns »die Medien« so viele Kriege, Krisen, Katastrophen, ohne den Blick auch dorthin zu lenken, wo Dinge schon gelingen oder Lösungen im Entstehen sind? Die einfache Antwort lautet: Weil sie damit gutes Geld verdienen.
»Only bad news are good news.« Oder: »If it bleeds, it leads.« Diese vermeintlichen Weisheiten haben viele Journalist:innen noch immer internalisiert. Schlechte Nachrichten klicken gut und machen Auflage. Dafür gibt es eine Erklärung, wie Perspective-Daily-Mitgründerin und Neurowissenschaftlerin Maren Urner in ihrem Buch »Schluss mit dem täglichen Weltuntergang« beschreibt: Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, Gefahren zu erkennen, um unser Überleben zu sichern. Im besten Fall wissen wir, ob der Säbelzahntiger vor unserer Höhle steht. Und genau deshalb springen wir auch auf Negativschlagzeilen an.
»Schlechte Nachrichten klicken gut und machen Auflage.«
Medienhäuser erklären die vielen negativen Aufhänger natürlich nicht mit den Reflexen unseres Steinzeitgehirns, sondern mit dem Nachrichtenwert. Nachrichtenwert, so die traditionelle Vorstellung, hat in erster Linie das, was nicht funktioniert. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Flugzeugabsturz, der im Gegensatz zu den mehr als 99,9 Prozent der Flugzeuge, die sicher gelandet sind, jede Menge Schlagzeilen produziert. So kommt es, dass Medien eher den alarmierenden Teil der Realität abbilden.
Vor allem in Nachrichten, in der tagesaktuellen Berichterstattung, wird kaum über
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