»Gerade wird hierzulande wieder die bundesweite Einführung von Palantir-Polizeisoftware diskutiert«, schreibt Sonja Peteranderl in Blätter für deutsche und internationale Politik 8/2025. Sie erinnert daran, wo Palantir-Anwendungen, konkret »Gotham« – wie die Polizeisoftware in Anlehnung an die fiktive Großstadt »Gotham City« aus der Comicserie mit dem Superhelden Batman genannt wird – bereits eingesetzt werden: in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Geplant ist der Einsatz offenbar auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Berlin und Sachsen-Anhalt seien von der »Pro-Palantir«-Entscheidung nicht mehr weit entfernt.
Während der Widerstand mehrerer Bundesländer im Bundesrat gegen eine gemeinsam genutzte automatisierte Datenanalyseplattform für die Länderpolizeien anhält, besteht die Möglichkeit, dass die auf »Gotham« von Palantir aufbauende KI-basierte Polizeisoftware durch die Hintertür in einzelne Bundesländer eingeführt und so mittelfristig jedenfalls zu einem Standard für die Strafverfolgung, zunächst bei schweren Delikten, wird. Die Anwendung der Software des umstrittenen Konzerns bei Geheimdiensten, Polizei oder Verteidigung ist nicht frei von Kritik. Zuerst verfolgt Palantir, eine amerikanische, vom Milliardär und Trump-Unterstützer Peter Thiel mitbegründete Firma, eine eigene politische Agenda. Die US-Regierung ist Palantirs wichtigster Kunde.
Unklarheit und Black-Box-Stimmung
Auch die Bereiche, in denen die Polizei in Deutschland Gotham-basierte Systeme einsetzen soll, sind nicht klar definiert: »In Hessen wurde hessenDATA anfangs nicht nur bei schwerer oder organisierter Kriminalität oder Terrorismus eingesetzt, sondern auch zur Aufklärung von Einbrüchen – dabei wurden selbst Daten von Unfallzeugen ausgewertet. Auch Bayern nutzt VeRA offenbar nicht nur bei schweren Verbrechen«, recherchierte Sonja Peteranderl. Der Einsatz wird von der Polizei mit einer Zeitersparnis begründet, die frühere Einzelabfragen von Tagen auf Minuten reduzieren ließe. Dadurch soll eine effektivere Abwehr von schwerwiegenden Gefahren möglich werden. Schneller und effizienter soll so die Aufklärung sein. Im Bereich des Scorings oder von Prognosen – beispielsweise bezüglich der Rückfallwahrscheinlichkeit von Straftätern – soll die deutsche Polizei Palantir jedoch (noch) nicht einsetzen.
Insgesamt herrscht in Bezug darauf, wie konkret die Analysesoftware von Palantir funktioniert, was sie macht und welche Daten sie einbezieht, eine große Unklarheit und Black-Box-Stimmung – genährt nicht zuletzt durch das Unternehmen und seinen CEO selbst. Teilweise liegt das sicherlich an der komplexen Technologie und den Verfahren, teils aber offenbar auch daran, dass nicht einmal die Hersteller und Softwareentwickler ihre Funktionsweise vollständig nachvollziehen und erklären können – oder wollen.
Mehr »Bob der Buchhalter« als James Bond.
Selbst ehemalige Mitarbeiter haben Schwierigkeiten, das Unternehmen klar zu beschreiben. Der berühmte Satz von Batman aus The Dark Knight, »I am whatever Gotham needs me to be«, scheint jedenfalls auf die Gotham-Anwendung selbst zuzutreffen: Sie inszeniert sich als eine beängstigend effektive, ja magische Lösung für komplexe Probleme und als Partner der Geheimdienste, über deren quasi-militärische Einsätze man nichts sagen dürfe – auch nicht, ob es sie überhaupt gab (wie im Fall des Aufspürens von Osama bin Laden). Um »Gotham« wurde ein Mythos aufgebaut, während – wie der Ökonom und Journalist Fritz Espenlaub im Podcast des DLF Die Peter Thiel Story bewertet – es sich dabei eher um »Bob den Buchhalter« als um James Bond handeln dürfte.
Möglicherweise ist es diese Intransparenz über die Funktionsweise der Software, die folglich auch eine effektive demokratische Kontrolle von »Gotham« praktisch unmöglich macht. Vielleicht sind es auch die Bedenken im Militär- und Sicherheitsbereich Tools einzusetzen, die die Regierung weder nachvollziehen noch kontrollieren kann, oder es sind die antidemokratischen Äußerungen des Mitgründers von Palantir. All dies könnte der Grund sein, warum einige Bundesländer im Bundesrat zögerten und zu Protokoll gaben: »dass die zentrale Anforderung der digitalen Souveränität, die für jedes IT-Produkt der automatisierten Datenanalyse gelten muss – und dass dies eine Nutzung von Produkten des marktführenden US-amerikanischen Anbieters Palantir […] für die Zukunft als Standardanwendung ausschließt«.
Der Verweis auf digitale Souveränität kommt nicht von ungefähr. Digitale Souveränität ist zu einem zentralen Thema
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