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USA nach den Wahlen Editorial

Die überall in der Welt herbeigesehnte Präsidentenwahl in den USA, die dem Trump-Schrecken endlich ein Ende setzen sollte, ist vorüber. Nicht aber der Schrecken; der scheint nur eine Mutation zu durchlaufen, die dem Wahn noch die Krone aufsetzen könnte. Zunächst ist Joe Biden und Kamala Harris von Herzen zu gratulieren, verbunden mit allen guten Wünschen für den Erfolg für ihr Land und alle anderen Länder. Durch ihr Gewicht und ihre langen Arme regieren die USA ja überall auf Erden spürbar mit. Was sie tun oder unterlassen schlägt überall zu Buche, ganz besonders auf den Gebieten, wo alle gemeinsam betroffen sind wie Frieden, Weltklima, Weltgesundheit und Welthandel. Die Pläne des neuen Präsidenten wecken große Erwartungen: für die innere Befriedung seines eigenen Landes und einen Neubeginn der respektvollen globalen Zusammenarbeit bei den Überlebensfragen der Menschheit, vom Pariser Klimaabkommen bis zur Weltgesundheitsorganisation und dem Geist des fairen Multilateralismus in allen internationalen Beziehungen. Das wäre ein schönes Erwachen aus dem vierjährigen Albtraum. Das ist unser Thema.

Aber drei Faktoren, die mit der Wahl leider nicht vertrieben sind, bereiten Sorge. Die Fallstricke im System der amerikanischen Institutionen; die Virulenz der politischen Krankheit »Trumpismus« und die ungehemmte Wut des schlechten Verlierers der Wahl, der mit starker Unterstützung auf Rache sinnt. Die passende Dolchstoßlegende ist schon zur Hand, seine handzahmen »Republikaner« scheinen weiterhin zu jeder Schandtat bereit, die Hand am womöglich langen Hebel der Senatsmehrheit und die Massenbewegung des »Trumpismus« auf dem Sprung, der ja in den USA schon seit langem heranwuchs – mit vielen Waffen und fast ebenso vielen tiefsitzenden Ressentiments. Letztere hat Christoph Scheuermann trefflich resümiert: Hass auf den »tiefen Staat«, also die »linke Vorherrschaft« der Meinungseliten in Verwaltung, Wissenschaft, Medien und Kunst; Hang zu Verschwörungstheorien; weiße Vorherrschaft; globaler Isolationismus; und eine Paranoia, immerzu von anderen übervorteilt zur werden. Ein explosives Gemisch, zum politischen Zündeln (nicht nur in den USA) bestens geeignet. Und wenn nicht länger aus dem Weißen Haus, warum nicht aus der Residenz eines selbstberufenen »legitimen« Gegenpräsidenten in Mar-a-Lago? Die Präsidentenwahl 2024 winkt als mögliche Prämie.

Hoffen wir, dass das Land dem Versöhner Biden die Chance gibt, solche Kalkulationen zunichte zu machen, indem er den eigentlichen sozialen, institutionellen und kulturellen Ursachen der Krankheit zügig zu Leibe rückt.

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