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© picture alliance / Westend61 | Angel Santana Garcia

Eine Polemik Nachschlag: Schluss mit grenzenlosem Konsum

Die Spezies Mensch hat sich auf dem Planeten Erde ziemlich ausgebreitet, gegen Ende 2022 wird mit dem Überschreiten der Acht-Milliarden-Marke gerechnet – Tendenz weiter steigend. Doch wie lange wird das Leben so überhaupt noch möglich sein? Wie lange wird es unsere Erde noch geben? Wer in Atlanten früherer Tage blickt und die Abbildungen vergleicht mit aktuellen Satellitenbildern auf Google Maps, bekommt den Eindruck, dass der blaue Planet allmählich zu einem graubraunen Klumpen mutiert.

Ein Klumpen, auf dem die weiter wachsende Bevölkerung noch enger zusammenrücken muss, während alle sich auf die Suche nach dem letzten Schluck flüssigen Glücks machen werden. Wasser ist die wertvollste Ressource, die wir haben. Schon in weniger als 24 Stunden ohne Wasseraufnahme treten erste Anzeichen von Dehydrierung auf. Länger als eine Woche ohne Zufuhr von Wasser können Menschen nicht überleben. Dennoch setzen wir alles daran, diese Ressource zu verknappen, indem wir dem Klimawandel nicht wirklich entgegenwirken und das Austrocknen von Flüssen, Seen und Kanälen zulassen.

Sind wir einfach nur naiv oder lebensmüde? Vermutlich eine Mischung aus beiden, mit einer großen Prise Gewinnsucht und Wachstumsfixierung. Es ist ein toxisches Gebräu, das uns schneller in den Suizid führen wird, als wir es momentan ahnen. Naiv, weil wir glauben, dass der einmalige Kauf einer Mango aus Costa Rica schon keinem schaden werde. Es werde doch wohl auch keiner verdursten, wenn der letzten Schluck in der Wasserflasche einfach in den Abfluss gekippt wird. Lebensmüde, weil wir doch in Wahrheit alle wissen, dass uns der Klimawandel schon eingeholt hat.

Doch auch dann wird Homo sapiens keinen Halt machen, sondern bis zum sicheren Tod weiter auf den Planeten einprügeln. Was tun wir Menschen, um unserer Heimat das Leben zu retten? Wir sehen zu. Mit dem Handy, ein schickes Video drehend, über Social Media möglichst viele daran teilhaben lassend: schön, wie die Wälder so brennen; diese Müllinsel im Ozean, eine Augenweide. Like.

Ist es ungerecht, alle Menschen über einen Kamm zu scheren? Mit Sicherheit. Doch all diejenigen, die Wälder schützen, Tiere retten, Schulen und Brunnen bauen, auf die Straße gehen und streiken, aktiv Umweltpolitik vorantreiben, ihren Konsum einschränken, umweltbewusst und nachhaltig leben und denen ihre eigene Zukunft sowie die ihrer Urenkel nicht egal ist, werden sich schon nicht angesprochen fühlen. Sie sollen sich bekräftigt fühlen, weiter zu machen und Kraft zu sammeln für den Kampf um unsere schöne Erde. Danke euch! Ihr seid die wahren Superhelden in dem Marvel-Film, der Das Leben heißt.

Aber du, der gerade wieder einmal im Fast-Fashion-Store shoppen war, bist gemeint. Warum kaufst du überhaupt so viel? Vor allem, warum ausgerechnet bei solchen Unternehmen? Warum brauchst du nach einem oder zwei Jahren schon wieder ein neues Handy? Warum hast du ein Auto? Warum sitzt du schon wieder im Flugzeug? Warum schmeißt du so viel Essen weg, produzierst so viel Plastik, so viel Müll?

Es ist schwer auszuhalten, durch die Stadt zu laufen und den Menschen bei ihrem konsumgesteuerten Suchtverhalten zuzuschauen. Ob sie jemals realisieren werden, dass das, was gerade in ihrem Einkaufswagen landet, einen unfassbar großen Einfluss auf das Weiterbestehen des Planeten hat? Macht euch frei von dem Gedanken, sich über Konsum profilieren zu wollen und umgebt euch mit Menschen, die euch so sehen wie ihr seid, nämlich als Personen mit individuellen und einzigartigen Fähigkeiten, die nur ihr selbst habt. Es wäre auch eine Wohltat für den Planeten.

Genau jetzt ist es an der Zeit, über unser Konsumverhalten nachzudenken. Ja, wir leben in einer Zeit mit unfassbar vielen Fragezeichen im Kopf. Ja, jeden Tag zieren neue, überwältigende Schlagzeilen die Titelseiten der Zeitungen. Ja, die meisten Themen sind schwer zu greifen, kaum zu verstehen, fern unserer Lebensrealitäten. Und ja, viele von uns sind verwirrt, unsicher oder haben Angst. Aber genau deswegen ist die Zeit gekommen, sich auf Dinge zu konzentrieren, die in unserer eigenen Hand liegen, die wir noch selbst beeinflussen können: unseren persönlichen Konsum.

Zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel, 18 Millionen Tonnen Verpackungsmaterial, 900.000 Tonnen Elektrogeräte, 400.000 Tonnen Textilien – sie bilden nur einen Teil des jährlichen Müllbergs, den Deutschland produziert. Aber was passiert mit diesem Mount Everest des Mülls? Hat die große Wirtschaftsnation, die sich mit demokratischen Werten schmückt und international als Land mit einem hohen Bildungsgrad wahrgenommen wird, dafür kluge Entsorgungsmöglichkeiten gefunden? Leider falsch gedacht. Wir schieben zu vieles gerne in andere Staaten ab: »aus den Augen aus dem Sinn«.

Weltmeister im Verantwortung-Abschieben

Es ist natürlich leichter, Verantwortung auf andere abzuwälzen, als sie selbst zu übernehmen. Als »Weltmeister der Mülltrennung« sind wir zwar in der Lage, große Mengen zu recyceln, aber bei vielen Millionen Tonnen Müll bleiben ­– selbst bei einer hohen Recyclingquote, die je nach Abfallart bei bis zu 70 Prozent liegt – immer noch Millionen Tonnen über. Die Verantwortung dafür geben wir einfach ab, ohne über die verheerenden Folgen in den Ankunftsländern nachzudenken. Dort verbreiten sich Lungenkrankheiten durch die Müllverbrennung, Luft, Böden und Gewässer werden extrem belastet. Eigene Müllaufkommen können nicht bewältigt werden, da die ohnehin schon knappen Recyclingkapazitäten durch die Einfuhren ausgelastet sind. Zudem schädigen Schadstoffe das Nervensystem und wirken sich bei Kindern entwicklungshemmend aus.

Die Politik muss jetzt Impulse setzen. Sie sollte moderierend, flankierend, ermöglichend und – soweit nötig – steuernd tätig werden. Wegweisend als Vorbild etwa durch eine nachhaltige öffentliche Beschaffung; moderierend, indem sie die Vernetzung von relevanten Akteur/innen sowie strategische Allianzen fördert und Dialogprozesse gestaltet; ermöglichend und flankierend, indem sie zum Beispiel die zur Umsetzung nötigen Ressourcen ausbaut oder durch Investitionen in Forschung und Entwicklung Innovationen für nachhaltigen Konsum unterstützt; steuernd, indem sie rechtliche und ökonomische Rahmenbedingungen vorgibt.

Damit würde sie Türen für einen Wandel im Konsumverhalten öffnen, Verbraucher/innen, die hindurchgehen, würden mit ihrem neuen nachhaltigen Konsumverhalten den globalen Ökosystemen eine große Entlastung verschaffen. Wir Menschen müssen nachdenken, bevor wir handeln und sollten immer darauf bedacht sein, als Vorbilder zu agieren. Nicht mit Blick auf das große Geld, wie sonst so oft. Ohne eine Erde, auf der das Geld ausgegeben werden kann, bringen auch Millionen in Aktiendepots nichts.

Es beginnt damit, dass wir uns nicht selbst über Konsum und Besitz definieren. Und dass wir die einzigartige Natur unserer Erde schätzen und schützen. Sie ist die einzige Chance, die wir haben.

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