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Das liegt nicht zuletzt daran, dass innerhalb der Regierung keine Einigkeit über den einzuschlagenden Weg herrscht. Vielmehr besteht offensichtlich ein grundlegender Gegensatz zwischen den Vorstellungen der FDP auf der einen Seite und Grünen und SPD auf der anderen Seite. Die FDP vertritt eine neoliberale finanzpolitische Auffassung, bei der privaten Akteuren Priorität vor staatlichen Aktivitäten in jedweden Investitionsprozessen eingeräumt werden soll. Aus diesem Grund wird der Staat in eine Zange genommen, die nicht zuletzt seine investiven Aktivitäten beschränken soll. Einerseits werden Steuererhöhungen abgelehnt, die Einnahmen auch zur investiven Verwendung generieren würden, und andererseits wird ihm über die nunmehr sehr restriktive Auslegung der Schuldenbremse die Möglichkeit genommen, die Investitionen über Kapitalmarktmittel vorzufinanzieren.
Im Ergebnis werden damit entweder die öffentlichen Investitionen direkt unterbunden oder es wird mittels Forderungen nach Umschichtungen Druck auf die konsumtiven Ausgaben, insbesondere die Sozialausgaben ausgeübt. Damit wird ein Konflikt zwischen sozialer Sicherheit und Investitionsdynamik provoziert. Dieser könnte sich als kontraproduktiv auch für den Investitionsprozess erweisen, da dessen soziale Akzeptanz darunter leiden könnte. Zudem wird die labile Konjunkturlage weiter verschärft.
Die Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung erweist sich als schwerer politischer Fehler.
Im Gegensatz zu dieser Strategie wollen SPD und Grüne sowohl die Investitionen als auch die soziale Sicherheit besonders im Transformationsprozess stärken. Dafür besteht aber derzeit weder eine einfache und erst Recht keine verfassungsändernde Mehrheit. Im Ergebnis ist die Finanzpolitik blockiert. Im Nachhinein erweist sich somit die Zustimmung der SPD aus dem Jahr 2009, die Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, als schwerer politischer Fehler. Wie können nun trotz dieser Hindernisse die vielfachen und zur Zukunftssicherung auch dringend notwendigen Investitionen durchgeführt werden? Schließlich würden die Wohlstandsaussichten breiter Bevölkerungsschichten in Gefahr geraten, wenn das Wachstum so blutleer bleibt, die Infrastruktur der Daseinsvorsorge weiter verfällt und der Umstieg auf klimaschonende Technologien und damit der Versuch, technologischen Vorsprung auf diesem Gebiet zu erlangen, immer weiter hinausgeschoben wird.
Dringend benötigter Konjunkturimpuls
Die Einhaltung der Schuldenbremse in ihrer derzeitig restriktiven Form ist rechtlich geboten. Zwar wäre eine Reform das Mittel der Wahl, um den investiven Attentismus zu überwinden, aber vor der Bundestagswahl ist damit trotz aufkeimender Zustimmung aus den Reihen der CDU nicht zu rechnen. Insofern werden die zahlreichen Vorschläge, die derzeit in der öffentlichen Debatte hierzu gemacht werden, noch eine Weile warten müssen. Folglich müssen andere Wege gefunden werden, um die Wirtschaft auf den dringend notwendigen dynamischeren Investitionspfad zu bringen.
Helfen könnte auf kürzere Sicht eine duale Investitionsstrategie. Mit ihr sollen möglichst rasch zum einen die notwendigen öffentlichen Investitionen in die Daseinsvorsorge geleistet und zum zweiten die privaten Investitionen angeregt werden. Beides zusammen wäre zudem ein ebenso dringend benötigter Konjunkturimpuls, der der lahmenden Binnennachfrage wieder mehr Schwung verleihen könnte. Das würde die immer noch gedämpften Erwartungen der Unternehmen optimistischer werden lassen. Vor allem aber käme der notwendige Umbau der Wirtschaft voran.
Der erste Pfeiler dieser Investitionsstrategie, die Grundsanierung der Daseinsvorsorge bei Mobilität, Gesundheit und Bildung sollte allein vom Staat errichtet werden. Es wäre ein verengter Blick, wenn der Vorteil dieser Maßnahmen nur ökonomisch gemessen würde. Man kann davon ausgehen, dass eine der wesentlichen Quellen der gegenwärtigen Unzufriedenheit und der Widerstände gegen den Umbau der Wirtschaft in den offenkundigen Mängeln der Daseinsvorsorge begründet ist. Dies erschwert das Alltagsleben vieler und wird zu Recht als wirtschaftspolitisches Versagen empfunden. Mit einer fühlbaren Modernisierung der Daseinsvorsorge dürfte diese negative Einstellung schwinden und den notwendigen Wandel mit all seinen Unsicherheiten erleichtern.
Teilweise hat die Bundesregierung die Verbesserung in Angriff genommen. So gibt es bereits Pläne für die Sanierung der Bahninfrastruktur und für grundlegende Reformen im Gesundheitssektor. Allerdings ist deren Finanzierung erst teilweise abgesichert. Aufgrund ihres investiven Charakters wäre eine Finanzierung über Schulden aus ökonomischer Sicht eigentlich unproblematisch, aber die aktuellen politischen Mehrheiten stehen dem entgegen.
Es hängt vom politischen Willen ab
All diese Vorhaben sollten aus bereits hierfür verplanten Haushaltsmitteln plus einer technischen Veränderung der Schuldenbremse, die die Verschuldungsmöglichkeiten in Abhängigkeit von der Konjunktur erhöht und auf dem Verordnungsweg vom Bundesfinanzministerium bewirkt werden kann, erreicht werden können. Wenn man es denn politisch will. Vom politischen Willen hängt auch die Grundsanierung des Bildungssystems ab. Diese ist bislang finanziell wenig abgedeckt und zudem eine Aufgabe der Länder. Ein eleganter Weg wäre, die Erbschaftsteuer für große Vermögen zu erhöhen. Diese Steuer fließt unmittelbar den Ländern zu, die die Mittel für die Verbesserung des Bildungssystems verwenden könnten. Ungleiche Erbschaftsverteilung zwischen den Ländern werden durch den Länderfinanzausgleich abgemildert. Ein so entstehendes leistungsfähigeres Bildungssystem wird langfristig die gesamte Wirtschaft beflügeln.
Die Modernisierung der Daseinsvorsorge ist eine notwendige Bedingung, um den Wandel in der privaten Wirtschaft, der mit vielen Veränderungen und Unsicherheiten verbunden ist, sozial möglich zu machen. Entscheidend für den künftigen Wohlstand wird sein, wie schnell dieser Umbau des privaten Produktionskapitals vonstatten geht. Er muss schnell gehen, um Wettbewerbsvorteile in einer sich formierenden nachhaltiger produzierenden globalen Ökonomie zu erreichen. Von daher ist die finanzpolitische Blockade derzeit besonders schädlich. Auf Reformen der Schuldenbremse zu warten, dauert schlicht zu lange. Der internationale Anschluss droht verloren zu gehen.
Kurzfristig könnte eine Rückbesinnung auf den Marshallplan helfen, mit dessen Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg der Wiederaufbau in Westdeutschland finanziert wurde. Dieses Programm bestand nicht aus Zuwendungen oder Steuervorteilen für Investitionen, sondern aus zinsgünstigen Krediten. Das ist für die Investoren zwar eine ungünstigere Finanzierungsvariante als die oben genannten Möglichkeiten, weshalb ihre Impulswirkung geringer ausfallen dürfte. Der Vorteil ist aber, dass sie unter den gegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen realisierbar ist. Denn die Vergabe von Krediten, die schließlich mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen, fällt nicht unter die Schuldenbremse. Hier geht es um sogenannte Finanztransaktionen, bei denen den Ausgaben des Staates ein Vermögensgewinn gegenübersteht. Dieser fällt hier entweder in Form der Zinseinnahmen für die vergebenen Kredite oder dem Wert stiller Firmenbeteiligungen an. Damit gehen diese Gelder nicht in die Berechnung der Staatsschuld ein.
»Ein Fonds bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau bietet sich an, in den auch private Anleger einzahlen können sollten.«
Würde der Bund beispielsweise die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die schon den Marshallplan verwaltet hat, mit entsprechenden Mitteln ausstatten, könnten diese für die Kreditvergabe oder als stille Beteiligung verwendet werden. Diese sollten gezielt für die Förderung von Innovationen eingesetzt werden, die den Umbau der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit beschleunigen. Es geht dabei um private Güter, die auf Dauer im Schnitt Rendite abwerfen sollten. Daher bietet sich die Einrichtung eines Fonds bei der KfW an, in den auch private Anleger einzahlen können sollten. Die Möglichkeit privater Beteiligung erhöht das zur Verfügung stehende Kapitalvolumen und verstärkt so den Umbauprozess. Private Anleger werden sich aber nur beteiligen, wenn sie Gewinne erzielen können. Diese Gewinnvorstellungen sollten aus den Zinseinnahmen und den Gewinnen aus Beteiligungen realisiert werden. Die Rendite müsste nicht besonders hoch sein, da die Anlage im Fonds durch die gleichzeitige Beteiligung des Staates relativ sicher ist.
Mit diesem Vorgehen könnte ein Turbo für einen schnelleren Umbau eingeschaltet werden. Das ist wichtig, weil nur mit technologischem Vorsprung Exporterlöse erzielt werden können, die die Wachstumsdynamik der deutschen Wirtschaft mit gut bezahlter Beschäftigung durchgreifend stärkt. Der Umbau selbst erreicht dies nur begrenzt, da in diesem Prozess nicht nachhaltig produzierende Kapazitäten lediglich ersetzt werden. Damit entsteht per se noch keine zusätzliche Produktionskapazität. Hinzu kommt, dass die Unternehmen neben Kosten für die Investitionen in den Umstieg durch den notwendigen Kauf von Zertifikaten für den CO2-Ausstoß ihrer alten Technologie kurzfristig doppelt belastet werden. Deshalb sind zusätzliche positive Anreize für Investitionen dringend geboten, um die Unternehmen in diesem Prozess zu unterstützen und ihn damit zu beschleunigen. Durch einen technologischen Vorsprung würde die Exportdynamik gestärkt. Schließlich benötigen andere Länder diese Güter für ihre eigene Umstrukturierung. Auf diese Weise könnte eine duale Investitionsstrategie die soziale Akzeptanz des ökonomischen Umbaus mit einer dynamischen Wirtschaft verbinden.
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