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Ost West

Es gibt ein neues, teils ratloses Interesse am Ost-West-Thema, weit über das jährliche Gedenkritual zum 3. Oktober hinaus. Das hängt mit den politischen Umbrüchen speziell im Osten zusammen, die mit den Erfolgen der Rechten einhergehen. Mit deren neuer Prägekraft im ländlichen Mainstream, teils aggressiv antidemokratisch inszeniert. Mit den zusätzlichen Kulturbrüchen, die von den Kommunalwahlen ausgehen könnten. Längst ist die Demokratiefrage insgesamt aufgerufen, in Ost wie West, aber auch national wie international.

Zu den neuen Entwicklungen gehört, dass regionale Zugehörigkeiten in den Köpfen vieler – auch jüngerer – Menschen, in ihren Identitätsgefühlen eher wieder an Bedeutung gewinnen, als dass sie verblassen würden. Das gilt trotz all der jahrzehntelangen Mobilität hin und her, innerhalb Deutschlands wie innerhalb Europas. Es zeigt einerseits die Sehnsucht nach Verortung, nach Heimat in unsicheren, bedrohlichen Zeiten. Zugleich ist es ein Einigeln, oft in einer Selbstwahrnehmung als chronisch benachteiligt und einflusslos.

Zu reden ist also über weit mehr als über den klassischen Osten oder Westen. Die Modernitätskonflikte werden aufgeladen mit geerbten, meist recht einfachen Erklärungsmustern. Bei der Textmischung zum Schwerpunktthema dieses Heftes war es uns deshalb besonders wichtig, nicht bei Selbstbildern stehen zu bleiben, sondern den Blick auf die Anderen zu richten, auch generationenübergreifend.

Die Zukunft der Demokratie entscheidet sich auch daran, wie viele Menschen noch bereit sind, ihr persönliches politisches Votum daran auszurichten, was gut ist für das Ganze der Gesellschaft. Die Zersplitterung des Parteienspek­trums deutet in eine andere Richtung. Und wir ahnen in diesen weltweit so spannungsreichen Tagen, wohin es führen kann, tagespolitisch immer handlungsunfähiger zu werden. Europäisch, national, bald vielleicht auch schon regional. Chronisch manipulationsanfällig zudem durch undurchsichtige Netzkampagnen.

Das Ganze demokratisch, friedlich, sozial zu entwickeln statt immer weitere Spaltungen zuzulassen: Darum muss es stattdessen gehen. Unverändert, unveränderbar. Auch außerhalb des Themenschwerpunkts Ost West handeln viele der Texte von dieser Herausforderung. Es ist die wahre Führungsfrage und die Demokratie steht in der verdammten Pflicht, dafür Angebote zu machen. Impulse gewünscht? Bitte hier weiterlesen!

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