Nein, überall dort wo Industrieprojekte zu »Zukunftsinvestitionen« erklärt werden, ist dies irreführend und führt zur Übersubventionierung.
Zunächst ist festzuhalten, dass Investitionen grundsätzlich ihren Nutzen in der Zukunft stiften. Per definitionem können demnach alle Investitionen als »Zukunftsinvestitionen« bezeichnet werden. Das beantwortet jedoch nicht die Frage nach der ökonomischen Sinnhaftigkeit. Und schon gar nicht die Frage, ob Subventionen zu rechtfertigen sind. Eine Investition ist immer dann sinnvoll, wenn der diskontierte (d. h. abgezinste) Nutzen größer als die Aufwendung ist. Um Subventionen zu rechtfertigen, muss eine zusätzliche Bedingung erfüllt werden: Sie müssen bestehenden Friktionen im Markt entgegenwirken, da Subventionen fast unvermeidlich zu neuen Friktionen und Fehlallokationen führen. Wenn eine »Zukunftsinvestition« diese beiden Bedingungen erfüllt, ist es durchaus sinnvoll, hohe staatliche Subventionen aufzuwenden. Eine Grundsatzdebatte über den Begriff der »Zukunftsinvestition« ist jedoch wenig zielführend. Letztendlich geht es darum, welche Entscheidungen im politischen Alltag getroffen werden und daran sollte auch die Sinnhaftigkeit bemessen werden.
Hohe Subventionen verfehlen ihre Wirkung
In den vergangenen Jahren flossen hohe Subventionen in erster Linie in die Neuansiedlung von internationalen Unternehmen. Ein prominentes Beispiel ist die Ansiedlung von Intel in Magdeburg. Subventionen in Höhe von zehn Milliarden Euro wurden für den Bau einer »Giga-Factory« zugesichert. Diese »Zukunftsinvestition« wurde damit gerechtfertigt, dass die »Zukunftsmärkte« Europas auf Halbleiter angewiesen seien. Sollte sich der Trend der vergangenen zehn Jahre bei der Produktion fortsetzen, könnte sich die Abhängigkeit von importierten Halbleitern zu einem massiven ökonomischen Risikofaktor für Europa ausweiten. Das Problem: Die EU wird auf absehbare Zeit nichts an ihrer Abhängigkeit ändern können. Die hohe Diversität in der Nachfrage und das geringe Vorkommen an seltenen Erden erschweren diesen Prozess enorm. Darüber hinaus wird es praktisch nicht umsetzbar sein, einen signifikanten Teil der Endfertigung nach Europa zu holen. Die etablierten Unternehmen sind schwächer, die Subventionen geringer (43 Milliarden Euro der EU im Kontrast zu globalen Subventionen in Höhe von 721 Milliarden Dollar) und der Faktor Arbeit hat ein zu hohes Gewicht.
Politische Anreize können zu einer »Übersubventionierung« führen.
All diese Probleme waren bereits vor der Entscheidung über die Ausgabe der Subventionen bekannt. Es stellt sich die Frage: Warum flossen die Mittel dennoch? Die empirische Forschung zeigt, dass politische Anreize zu einer derartigen »Übersubventionierung« führen können. Wahlkampfdruck oder Informationsasymmetrien sorgen dafür, dass Subventionen weit über dem erwarteten Mehrwert der Investition ausgegeben werden. Begriffe wie »Zukunftsinvestitionen« werden dafür genutzt, um eben diese Übersubventionierung zu rechtfertigen. So erkennt man auch in Deutschland einen klaren Expansionskurs im Bereich der Subventionen. Dem Kieler Subventionsbericht zufolge haben sich die Finanzhilfen des Bundes in den letzten neun Jahren mehr als verdoppelt. Während 2016 rund 50 Milliarden Euro ausgegeben wurden, waren es 2023 bereits 106 Milliarden Euro. Bezieht man den Wirtschaftsstabilisierungsfond mit ein, haben sich die Ausgaben sogar mehr als vervierfacht.
Hinzu kommt noch ein weiteres Problem: der internationale Bieterwettbewerb. Simon Evenett und Johannes Fritz zeigen, dass, wenn ein großes Land wie die Vereinigten Staaten eine neue Subvention einführt, die Wettbewerber innerhalb von sechs Monaten mit vergleichbaren Maßnahmen reagieren. Dies führt nahezu unweigerlich zu Subventionswettläufen, welche das Problem der Übersubventionierung verstärken. Anhand der Ansiedlung von Intel wird dieses Problem deutlich. Schätzungen zufolge belaufen sich die geplanten Subventionen für die Halbleiterindustrie durch die Vereinigten Staaten, China, Japan, Südkorea und die EU auf 721 Milliarden Dollar.
Überangebot an Subventionen
Dieses Überangebot an Subventionen treibt die Preise für die Ansiedlung internationaler Unternehmen in die Höhe und führt dazu, dass sämtliche zu erwartenden positiven Effekte der Ansiedlung bereits eingepreist sind. Anstatt an diesem Nullsummenspiel mit all seinen Nebenwirkungen teilzunehmen, könnte man auch einfach subventionierte Halbleiter aus dem Ausland importieren.
»Auch die Frage nach den Opportunitätskosten muss gestellt werden.«
Zu guter Letzt muss auch die Frage nach den Opportunitätskosten gestellt werden. Es sollte nicht darum gehen, ob die Ansiedlung von Intel in Magdeburg einen Nutzen für die Gesellschaft stiftet. Vielmehr darum, ob die zehn Milliarden Euro nicht an anderer Stelle zielgerichteter hätten investiert werden können. Anstatt die Ansiedlung von Intel zu finanzieren, hätten auch für zweieinhalb Jahre die gesamten öffentlichen Bildungsausgaben in Sachsen-Anhalt verdoppelt werden können; dazu zählen Schulen, Universitäten und auch sonstige Ausbildungseinrichtungen. Angesichts des Fachkräftemangels hätte diese Maßnahme der Situation auf dem Arbeitsmarkt vermutlich deutlich mehr genützt, als weitere 10.000 unbesetzte Stellen für die »Giga-Factory« von Intel zu schaffen. Wahrscheinlich hätte sich die Regierung von Sachsen-Anhalt auch für eine Erhöhung der Bildungsausgaben entschieden, hätte man sie vor die Wahl gestellt. Doch diese Option gab es leider nicht. Entweder es werden zehn Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt für die Ansiedlung in Magdeburg zur Verfügung gestellt, oder eben nicht. Auch wenn diese »Zukunftsinvestition« also nicht besonders sinnvoll ist, war die Entscheidung trivial.
Zusammenfassend kann man sagen, das Label »Zukunftsinvestition« sollte nicht das entscheidende Kriterium für die Ausgabe hoher staatlicher Subventionen sein. Hohe Investitionen müssen grundsätzlich kritisch beleuchtet und auf die ökonomische Sinnhaftigkeit überprüft werden. Bei Subventionen gibt es kein allgemeingültiges Konzept sondern nur individuelle Entscheidungen.
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