Menü

Trump, die Rechtspopulisten und die Demokratie

Gefragt, wen er am 8. November 2016 wählen würde, wäre er denn Amerikaner, antwortete er vor einiger Zeit ohne zu zögern: »Trump. I am just horrified about him, but Hillary is the true danger.« Er, das ist nicht irgendwer, es ist Slavoj Žižek, der neomarxistische Philosoph der letzten Dekade. Ein Popstar im Internet. Wir können annehmen, dass Žižek am Morgen nach der Wahl von seiner eigenen kühnen Selbstempfehlung nur entsetzt gewesen sein kann.

Das Unsagbare ist inzwischen geschehen: Donald Trump wurde zum 45. Präsidenten der USA gewählt. Der New Yorker Milliardär, Bankrotteur, Chauvinist, Sexist, der Mann mit dem Baseballcap und den schlechten Manieren, eine Art großmäulige Ich-AG ist nun der wichtigste Politiker der (westlichen) Welt. Wird er die Welt so katastrophal verändern wie dies sein republikanischer Vorgänger George W. Bush einst tat? Was lässt sich aus der Kampagne, den Wahlen, Trumps politischem Programm über den Zustand der Demokratie in Amerika aussagen? Ist Trump ein amerikanisches Phänomen oder halten die USA den Europäern nur wieder den Spiegel ihrer Zukunft vor, wie dies Alexis de Tocqueville in seiner berühmten Schrift Über die Demokratie in Amerika geschrieben hat? Ist die Wahl Trumps die Revolte jener, die sich schon länger nicht mehr repräsentiert fühlen von der etablierten Politik, der »politischen Klasse«, den Medien, den öffentlichen Diskursen und einem Wirtschaftssystem, das fortwährend mehr Ungleichheit erzeugt? Breitet sich der Rechtspopulismus nun auch jenseits des Atlantiks aus?

Eines der Kernargumente der Postdemokratievertreter von Colin Crouch bis Jacques Rancière lautet: Wahlen sind im postdemokratischen Zeitalter zu einem inhaltslosen Ritual verkommen. Sie sind nicht das Herz der Demokratie, sondern nur deren Simulation. Inhalte spielen keine Rolle; und wenn doch, dann sind die Programme der politischen »Kontrahenten« nicht mehr zu unterscheiden. Wie so manches an den Thesen zur Postdemokratie stimmt auch dies nur zur Hälfte. In der Tat waren die politischen Programme weder in den Wahlreden noch in der medialen Berichterstattung von Bedeutung. Es dominierten die Schlammwürfe auf die Person der gegnerischen Kandidatin bzw. des Kandidaten: »Crooked Hillary«, korrupte Hillary, sie gehöre nicht ins Weiße Haus, sondern ins Gefängnis; sie lüge, betrüge und bereichere sich mit ihrem Mann über die Vermengung der Aktivitäten ihrer gemeinnützigen Stiftung und persönlichen Rednerauftritten, die für Bill Clinton in Katar oder von den Repräsentanten der Wall Street Millionenerträge brachten. Mit gleicher Münze zahlte die Kandidatin zurück: »Donald« sei ein Sexist, Rassist und Chauvinist, er belästige Frauen, beleidige Muslime, spotte über Behinderte, nennt lateinamerikanische Immigranten Vergewaltiger, diskriminiere Afroamerikaner »wie schon sein Vater« und sei ein chronischer Steuerhinterzieher. Die demokratischen Wahlen sind mit der Auseinandersetzung im amerikanischen Herbst 2016 an einem historischen Tiefpunkt angelangt.

Unzutreffend an der postdemokratischen Vermutung ist, dass es keine programmatischen Unterschiede gibt. Die Wahlprogramme von Trump und Clinton unterschieden sich. Trump folgt alten neoliberalen Rezepten: Steuern senken, dann investierten die Investoren, die Wirtschaft wachse und die Jobs kehrten aus Mexiko, China, Japan oder Europa zurück. Die Vorschläge folgen der berühmten Serviettenskizze, mit der Ronald Reagans Chefökonom Arthur B. Laffer den damaligen Präsidenten zu Beginn von dessen Amtszeit zu überzeugen vermochte, dass mit einer Steuersenkung nicht nur die Investitionen und das Sozialprodukt, sondern auch die Staatseinnahmen stiegen. George W. Bush, ebenfalls ein ökonomischer Laie, folgte ein Jahrzehnt später noch einmal dem verführerisch einfachen Rezept. In beiden Fällen führte dies zu den größten Verschuldungszuwächsen, die die amerikanische Demokratie bis heute gesehen hat. Und jetzt Donald J. Trump – den fiskalpolitischen Tragödien droht nun die Farce zu folgen. Hier verfolgt Trump Pläne, die vermutlich mit den ökonomischen Interessen der von ihm entdeckten (weißen) Arbeiterklasse kollidieren. Damit folgt er zunächst nicht dem jüngeren Trend der europäischen Rechtspopulisten, die sich häufig von neoliberalen Anfängen abwendeten und nach und nach an sozial-nationalistischen Programmen orientieren.

Im Außenhandel lassen Trumps Vorschläge Irritationen erwarten, wenn nicht das Risiko eines Handelskriegs. Es seien China, Europa und das »desaster NAFTA«, die den Amerikanern die Jobs raubten, so das einfache ökonomische Weltbild des republikanischen Populisten. Freihandelsabkommen sollen zurückgefahren und Produkte aus Asien und Europa mit Strafzöllen belegt werden, folgten sie nicht den Wirtschaftsvorstellungen der USA. Es ist die seltsame Mischung aus neoliberaler Deregulierung zu Hause und protektionistischen Drohungen nach außen, die der Milliardär seinen Landsleuten vorschlägt und dem Rest der Welt androht. Trumps wirtschaftspolitische Pläne befinden sich stark mit den national-protektionistischen Programmen der meisten rechtspopulistischen Parteien in Einklang.

Der Sozialstaat ist in den USA unterentwickelt. Dafür gibt es historische Gründe: die Unantastbarkeit des Privateigentums, die Ideologie des Minimalstaates, die Schwäche der Gewerkschaften, das Fehlen einer Arbeiterpartei und die Etablierung eines besonders rüden, ungezähmten Kapitalismus. So war es einer der Reformerfolge der Amtszeiten Barack Obamas, als der Präsident gegen die wütend destruktive Politik der republikanischen Opposition einen Zugang zur Krankenversicherung durch den Patient Protection and Affordable Care Act (2010) auch für die unteren Schichten schuf. Für Trump hingegen ist »Obamacare« nichts als ein »desaster«. So wird er versuchen, mit dem großen Rückhalt seiner Anhänger selbst diese bescheidenen sozialstaatlichen Reformen zurückzudrehen und zeigt sich somit wiederum als ein neoliberaler Sozialstaatsverweigerer.

Die größten Fragezeichen bestehen in der Außenpolitik. Trump, ein völliger Laie, ließ hier bisher keinerlei Profil erkennen. Hillary Clinton war da deutlicher, in Wort – leider auch in Tat. Unter den Demokraten zählt sie zu den Falken. Sie befürwortete den herbei gelogenen, völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak unter George W. Bush und sprach sich für die Überdehnung des UN-Mandats gegen Muammar al-Gaddafis Libyen aus. Die Folge war nicht nur ein unmandatierter regime change, sondern – wie schon in Afghanistan und dem Irak – auch die Zerstörung der Staatlichkeit des Landes. Ein schwerer Fehler. Macht, so bezeichnete das der amerikanische Politikwissenschaftler Karl Deutsch einmal, ist das »Privileg nicht lernen zu müssen«. Gegenüber Russland folgte die Außenministerin der Kalten-Kriegs-Logik des containment, der Eindämmung, aber auch der fortgesetzten Demütigung der zerbrochenen Weltmacht. Keine weitsichtige Politik, weder für die Ukraine noch für Europa oder Deutschland. Donald Trump hat im Wahlkampf Sympathien für Wladimir Putin gezeigt, fast ein Kapitalverbrechen in den USA. Ob dies nur eine provokatorisch inszenierte Männerbündelei autoritärer Führerpersönlichkeiten war oder der Beginn einer neuen Ost- und Entspannungspolitik sein wird, bleibt mit Skepsis abzuwarten. Eine solche ist allerdings dringend geboten, wollen die USA, die NATO und die EU nicht weiter »Ostpolitik« im Modus des Kalten Kriegs betreiben.

Die Überdehnung imperialer Machtansprüche

Für China und Europa aber könnte es ungemütlich werden. Von Europa dürften die USA größere Beiträge zur Finanzierung der NATO, bei Rüstung und Militäreinsätzen einfordern. Das Vorgehen gegen europäische (deutsche) Konzerne mit der Waffe der Justiz, eine beliebte Form amerikanischer Industriepolitik, könnte mit Trump in eine weitere Runde gehen. Ob Trump versuchen wird, die autoritär-etatistische Politik des Waren- und Kapitalexports Chinas zu bekämpfen, bleibt ebenfalls abzuwarten. Die Infragestellung der »Ein- China-Politik« noch vor Amtsantritt verheißt wenig Gutes für die Stabilität der internationalen Beziehungen. Donald Trump öffnet ganz undiplomatisch mehrere Fronten in der Außenpolitik. Hier könnten die USA erneut erfahren, was imperial overstretch, die Überdehnung imperialer Machtansprüche, bedeutet.

Donald Trump hat die Wahlen gewonnen. Dazu stellen die Republikaner nun die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus. Auch die Gouverneursposten in den Einzelstaaten sind mehrheitlich republikanisch besetzt. Das semi-demokratische Mehrheitswahlrecht (the winner takes it all) und das archaische System der Wahl»männer« (electoral vote) hat diesen mehrfachen Sieg möglich gemacht. Hillary Clinton hat zwar, wie schon einst Al Gore gegen George W. Bush, eine dünne Mehrheit von 2,7 Millionen Wählerstimmen (popular vote) erhalten, diese Mehrheit wurde jedoch über das Mehrheitswahlsystem in eine deutliche Niederlage transformiert. Während Trump 306 Wahlmänner zugeschrieben wurden, sind es für Hilary Clinton gerade noch 232. Die Wahlbeteiligung lag bei den Präsidentschaftswahlen bei mageren 58,6 %, für die Wahlen zum Kongress noch einmal darunter.

Pippa Norris, die renommierte Demokratie- und Wahlforscherin der Harvard University, untersucht seit Jahren die Integrität von Wahlen in Demokratien und Autokratien. Die USA schneiden mit dem 52. Rang unter 153 Ländern seit Jahren denkbar schlecht ab. Deutschland befindet sich auf Platz 7. Vor den USA rangieren Länder wie Kroatien, Griechenland, Argentinien, die Mongolei oder Südafrika. Grund für die mindere Integrität der US-Wahlen sind unter anderem der massive Einfluss finanzstarker privater Spender auf Kampagnen und Wahlprogramme, die häufige manipulative Änderung von Wahlbezirken, die vor allem Unterschichten und Afroamerikaner faktisch diskriminierende Registrierung in Wählerlisten, die extrem niedrige Wahlbeteiligung bei Kongresswahlen, das Mehrheitswahlsystem selbst und die für die Technologie- und Wirtschaftsmacht geradezu beschämend unzureichende Anzahl von Wahlstationen. Wählerschlangen wie in Bangladesch gehören zum gewohnten Bild bei US-amerikanischen Wahlen.

Die amerikanische Demokratie ist bekannt für ihre umfangreichen checks and balances. Besonders die Machtkontrollen sind stark ausgebaut: Der Kongress besitzt nicht automatisch die gleiche parteipolitische Färbung wie die präsidentielle Exekutive; die amerikanische Bundesregierung hat im Trennföderalismus der USA eine vergleichsweise schwache Position gegenüber den Einzelstaaten; der Supreme Court ist eines der mächtigsten Verfassungsgerichte der USA. Die Exekutivkontrolle durch den Kongress wird allerdings zunächst einmal niedrig sein, wenn es Trump gelingt, das ihm entfremdete Establishment der Republikanischen Partei hinter sich zu bringen. Allerdings ist die republikanische Mehrheit im Senat mit 52 Sitzen zu 48 relativ dünn. Sie wird nicht immer Trump folgen. Aber bei der Besetzung des vakanten Postens für das höchste Gericht hat Trump schon klar gemacht, dass er handverlesen einen konservativen Kandidaten nominieren wird. Die historische Chance, den Supreme Court auf Jahre hinaus konservativ zu prägen, wird sich auch die qualifizierte Senatsmehrheit (60 Senatoren) kaum entgehen lassen, auch wenn sie einige Stimmen der Demokraten dazu benötigt. Die gegenwärtige politische Konstellation legt dem Präsidenten Trump weniger Zügel an, als dies in der Verfassung intendiert war und möglicherweise seit den 20er Jahren nicht mehr der Fall war. Den »mainstream media«(Trump) und den zivilgesellschaftlichen watchdogs wird eine wichtige Kontrollfunktion zukommen. Ein Demokratisierungs- und Toleranzschub darf aber für die amerikanische Demokratie in den nächsten Jahren nicht erwartet werden.

Trump, der Rechtspopulist?

Ist Trump tatsächlich ein rechter Ideologe oder nur ein demagogisch-populistischer Verführer im Wahlkampf, der nun im Amt von den Institutionen, seinen Beratern und der öffentlichen Meinung gezähmt werden kann? Trump gilt als relativ beratungsresistent und die kontrollierenden Institutionen sind in populistischen Zeiten und einer präsidentiellen Mehrheit im Kongress weniger effektiv als uns dies die reine Verfassungstheorie lehren will. Die Nominierungen für die wichtigsten Ministerposten deuten allerdings eher auf eine rauhe neoliberale Big-Business-Politik hin, als auf sozialpopulistische Programme. Wichtiger ist deshalb die Frage, wer die Wähler hinter Trump sind? Was bedeuten sie für die Demokratie? Erste Wähleranalysen deuten an, dass Trump vor allem die Mehrheit der white working class den Demokraten abgenommen hat. Es sind nicht zuletzt die weniger gebildeten, älteren weißen Männer im Rust Belt, in den Metropolen aber gerade auch außerhalb der großen Städte, die Trump zum Wahlsieg verholfen haben. Sie sind die Verlierer der ökonomischen Globalisierung und gehören der unteren Hälfte der amerikanischen Gesellschaft an. Ihre Reallöhne stagnierten seit zwei Jahrzehnten – auch unter der demokratischen Präsidentschaft Obamas änderte sich das nicht. Es ist das sich demografisch, wirtschaftlich und kulturell bedroht fühlende Amerika, das sich von der gebildeten Mittel- und Oberschichtpolitik der Demokraten abgewandt hat. Man mag aber bezweifeln, dass dabei die wirtschaftliche Lage das treibende Motiv hinter der Stimmabgabe war. It’s not the economy, stupid! Die weißen Arbeiter und weniger Gebildeten haben Hillary Clinton nicht deshalb nicht gewählt, weil sie ihre Botschaft nicht gehört hätten, sondern gerade weil sie sie vernommen haben. Clinton führte einen Wahlkampf der Identitäten: für Frauen, Afro- und Lateinamerikaner, Immigranten, Homo- und Transsexuelle, nur für die weißen Arbeiter und unteren Schichten hatte Clinton keine Botschaft. Um es deutlich zu sagen: Die Politik für Minderheiten spielt eine wichtige Rolle in der Demokratie. In den abgehobenen Debatten des kulturellen und demokratischen Establishments und der allgegenwärtigen moralischen Empörung gegen auch nur milde Verstöße der sorgsam überwachten Sprachregelungen, haben sich die kosmopolitischen Demokraten zur Repräsentanz der moralischen Arroganz gemacht und die Verbindung zu den weniger gebildeten Schichten des Landes verloren.

Parallelen tun sich auf zum Wechselspiel der mittelschichtdurchdrungenen und -orientierten sozialdemokratischen Parteien auf der einen und den rechtspopulistischen Parteien in West- und Osteuropa auf der anderen Seite. Die etablierten politischen Kräfte, die Medien, die Fortschrittlichen, die Bessergestellten und der Chorus der »Vernünftigen« ist sich zu häufig selbst genug, die eigenen Interessen und ihre kulturelle Moderne zu repräsentieren. Konservativen Befürchtungen über den »Verlust der Heimat«, der Stadtviertel, der vertrauten Kultur, der Nation, der staatlichen Souveränität, der Bedeutung von Grenzen oder der Neudefinition der Ehe wurde nicht nur mit guten Argumenten entgegen getreten. Es erfolgten vielmehr Belehrungen und nicht selten der moralische Ausschluss aus dem offiziellen Diskurs, wenn »unkorrekte« Begriffe oder Ideen geäußert wurden. Ein kosmopolitischer Geist mit überschießender Moralität dominierte die Diskurse: Wie die Brexit-Befürworter einfach nur von gestern seien und die schöne neue Welt des Kosmopolitismus und der Supranationalität nicht verstünden, so seien die Wähler der rechtspopulistischen Parteien vor allem die moralisch, kognitiv und kulturell Zurückgebliebenen unserer Gesellschaft. In Westeuropa haben rechtspopulistische Politik-Unternehmer mit diesen »Zurückgebliebenen« bereits 10 bis 30 % der Wahlberechtigten hinter sich gebracht. In Polen und vor allem in Ungarn hat der Rechtspopulismus seine Mehrheitsfähigkeit angedeutet. Nun die USA, die Vormacht des demokratischen Westens. Aber nicht alle Wähler Trumps sind antidemokratische Rassisten, Sexisten und Chauvinisten. Das Bedenkliche jedoch ist, dass es dem Kandidaten Trump eher genützt als geschadet hat, mit intoleranten Parolen gegen das Establishment, gegen die »politische Klasse in Washington«, gegen »die da oben« und für den »Wandel« anzutreten. Symptomatisch war die Abschlusskundgebung der Demokraten am 7. November 2016 in Philadelphia: Mit Michelle und Barack Obama, dem Ex-Präsidenten Bill Clinton, Bruce Springsteen und Jon Bon Jovi war eine beeindruckende Repräsentation des Establishments on stage – die Bürger des Staates Pennsylvania stimmten indes mehrheitlich für den Außenseiter Donald Trump.

Die Bessergestellten und Etablierten unserer zivilen und politischen Gesellschaft sind behäbig, selbstgefällig und taub gegen »die da unten« geworden – ökonomisch wie kulturell. Sie verteidigen das Bestehende – auch ihre Privilegien. Die Rechte hat die einstigen Schlachtrufe der Linken übernommen: die Kritik an den Eliten und Privilegierten, die Herausforderung des Status quo und die Forderung nach change. Die Arbeiterschaft ist dies- wie jenseits des Atlantiks zu den rechten Populisten übergelaufen. Der Wahlerfolg des Donald J. Trump muss deshalb auch als Warnschuss gedeutet werden. Eine repräsentative Demokratie hat möglichst alle zu repräsentieren. Sie muss auch reaktionäre oder konservative Kritik außerhalb der politischen Korrektheit zulassen. Sie muss die ökonomische und kulturelle Verteilungsfrage wieder ernst nehmen. Auch die schulmeisterliche Sprache mit der immer kürzer werdenden Halbwertszeit der korrekten Begriffe muss gezügelt werden, wenn etwa Sozialdemokraten von den unteren Schichten wieder verstanden werden wollen. Dies spricht nicht gegen kämpferisches Eintreten für Freiheit, Gleichheit und die kulturellen Modernisierungen der letzten Jahrzehnte. Auch nicht gegen wichtige Aspekte des Kosmopolitismus. Ganz im Gegenteil. Diese Rechte müssen verteidigt werden. Aber sie sind nicht die ganze Politik. Belehrungen von oben, moralische Intransigenz oder der diskursive Ausschluss der »Nicht-Repräsentierbaren« und »Unvernünftigen« zerreißen das Band zwischen Sozialdemokraten und den weniger Privilegierten unserer Gesellschaft. Dies alles spielt niemanden mehr als den Rechtspopulisten in die Hände.

 

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Nach oben