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Der Krieg als Rückfall, als Zäsur in der Fortschrittsvorstellung Von Vegetius zu Kant und wieder zurück

Die nach dem Ende des Kalten Krieges aufgekommene Vorstellung, es könne zu einem zunächst europäischen, später weltweiten Frieden auf der Grundlage von »immer weniger Waffen« kommen, ist dahin, und es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass die jetzt lebenden Generationen eine Rückkehr dieser Vorstellung als realistische Option für die Neugestaltung der internationalen Konstellationen erleben werden. Insofern ist der Ukrainekrieg nicht nur ein Ereignis, das die geopolitischen Verhältnisse am südöstlichen Rand Europas grundlegend verändert hat, sondern auch ein »Geschichtszeichen«, über das Immanuel Kant gesagt hat, dass es so schnell nicht vergessen werde.

Darum bestimmt es, um den von den Reinhart Koselleck geprägten Begriff aufzunehmen, den »Erwartungshorizont« von Generationen. Kant hat die Vorstellung vom Geschichtszeichen auf die Französische Revolution von 1789 bezogen und das mit der Vorstellung einer kontinuierlichen Entwicklung zum Besseren verbunden. Der Ukrainekrieg dagegen steht als »Geschichtszeichen« für eine Zäsur in der Fortschrittsvorstellung, für den Rückfall in Verhältnisse, von denen die meisten bis vor Kurzem geglaubt haben, wir hätten sie definitiv hinter uns gelassen.

Sicherlich ist der Krieg in der Ukraine für diese allgemeine Erwartungsumkehr nicht allein verantwortlich. Auch die Pandemie, vor allem deren endlose Fortdauer, dazu eine in die Höhe geschossene Inflationsrate mitsamt wachsender Staatsverschuldung, die neuerliche Erfahrung der Güterknappheit, die man im Westen Deutschlands seit den 50er Jahren so nicht mehr kannte, der Umstand, dass rechtspopulistische bis rechtsradikale Parteien in einigen Ländern Europas in bedrohliche Nähe zur politischen Macht gekommen sind, weiterhin die fortbestehende Gefährdung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den USA – das alles kommt bei der Verdunklung des Erwartungshorizonts in den westlichen Gesellschaften zusammen.

Aber der Krieg und die Bilder von den zerstörten Städten im Donbass, mit denen die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg wieder hochgekommen sind, sind doch die eigentliche Ursache dafür, dass wir den weiteren Verlauf des 21. Jahrhunderts nicht mehr mit jener Zuversicht erwarten, wie wir das in den letzten drei Jahrzehnten getan haben. Worst-Case-Szenarien haben die Oberhand gewonnen.

Was die Erhaltung des Friedens anbetrifft, so ist der Satz des spätrömischen Militärtheoretikers Flavius Vegetius, wer den Frieden wolle, solle sich auf den Krieg vorbereiten (si pacem vis para bellum), erneut der am ehesten erfolgversprechende Versuch, die Worst-Case-Konstellationen systematisch zur Grundlage des Denkens und Handels zu machen, um den Eintritt des Schlimmsten unwahrscheinlich zu machen. Das ist bitter, denn eigentlich hatten wir uns nach dem Ende des Kalten Krieges darauf eingestellt, das Vegetius-Modell der Friedenssicherung hinter uns gelassen zu haben.

Seit dem 16. Jahrhundert hat sich die europäische Staatenordnung nach diesem Vegetius-Modell entwickelt: Man unterhielt ein stehendes Heer, baute Festungen, in denen Kanonen und Mörser mitsamt Pulver gelagert waren, und sorgte sich um ein tüchtiges Offizierskorps, mit dem man Krieg führen konnte. Damit nahm man Abschied vom Just-in-time-Modell der vorangegangenen Jahrhunderte, bei dem die Feudalkrieger erst aufgeboten oder Soldaten angeworben und ausgerüstet wurden, wenn sich ein Krieg tatsächlich abzeichnete.

Das war die Kriegführung von Gesellschaften mit geringem Mehrprodukt. Das ständige Vorbereitet-Sein auf den Krieg hatte ein erhebliches Mehrprodukt zur Voraussetzung, denn es kostete Geld, viel Geld, und die für das stehende Heer getätigten Ausgaben waren obendrein unproduktiv.

Kosten ohne Nutzen?

Dessen Kosten hatten die Untertanen zu tragen, die in wachsendem Maße mit Steuern und Abgaben belegt wurden. Das von ihnen erarbeitete Mehrprodukt kam ihnen allenfalls indirekt zugute – als Schutz vor Feinden und deren Praktiken des Plünderns und Mordens. In der Regel floss es jedoch ohne erfahrbaren Nutzen in einen immer größer werdenden Militärhaushalt. Kosten ohne Nutzen, wie viele meinten – unter ihnen auch der Königsberger Philosoph Immanuel Kant.

Zugegeben: die Kosten der Vegetius-Ordnung schwankten; es gab Zeiten, in denen sie niedrig waren, weil weit und breit kein Feind in Sicht war. Aber es gab auch Zeiten, in denen sie für lange Zeit auf hohem Niveau verharrten, weil die machtpolitischen Konstellationen instabil waren und man jederzeit mit Pressionen oder Angriffen der Nachbarn rechnen musste, beziehungsweise diesen präventiv zuvorkommen wollte. Die Militärausgaben schwankten gemäß der Parabellum-Logik in einer gewissen Bandbreite, aber sie verschwanden nie.

Das galt auch für die drei Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges, als fast überall in Europa die Militärausgaben auf unter zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts sanken, weil das Risiko eines großen Krieges für sehr gering angesehen wurde. Doch ganz auf das Militär verzichten wollte man in Europa nicht, zumal man es für Auslandseinsätze zwecks Bekämpfung von Terrorgruppen und zur Beendigung von Bürgerkriegen brauchte. Die NATO wurde nicht aufgelöst, und die Atomwaffen blieben im Arsenal der großen Mächte. Die Vegetius-Ordnung wurde heruntergefahren, aber sie bestand fort.

Daneben entwickelte sich jedoch, teils in Konkurrenz, teils komplementär, die Vorstellung einer Friedensordnung, die tendenziell ohne Militär und ohne die Option zum Einsatz von Waffen auskommen wollte. Sie gründete sich auf die von besagtem Immanuel Kant in seiner Schrift Zum ewigen Frieden entwickelte Vorstellung, wonach der Handel auf Dauer nicht mit dem Krieg zusammen bestehen könne, weswegen man um des Wohlergehens der Menschen willen eine politische Ordnung schaffen müsse, in welcher der Krieg keine Rolle mehr spiele.

Was Kant am Ende des 18. Jahrhunderts als an die Politik adressiertes Postulat der Philosophie entwickelt hatte, wurde im darauffolgenden Jahrhundert von einigen Soziologen als Entstehung neuer Gesellschaftsformationen begriffen, die infolge ihrer Funktionsprinzipien keine Kriege mehr führen würden. So wies Auguste Comte in seinem Drei-Stadien-Gesetz Krieg und militärischem Geist eine eigene Epoche zu, die nunmehr, da das Zeitalter der Wissenschaft und Industrie begonnen habe, zu Ende gehe und durch eine der friedlichen Produktion abgelöst werde. Die Friedenswahrung wurde damit in eine Fortschrittsperspektive eingebaut, in der nicht nur der Krieg verschwinden, sondern auch die Kriegsvorbereitung überflüssig sein würde.

Herbert Spencer wiederum konstatierte, kriegerische seien mit industriellen Gesellschaften inkompatibel, und ging davon aus, dass Erstere den Letzteren weichen müssten. Schon bald werde der Krieg als Modus der Konfliktaustragung nur noch in rückständigen Gesellschaften am Rande der industriellen Zivilisation anzutreffen sein. Was Kant postuliert hatte, wurde von Comte, Spencer und anderen in die sozioökonomische Realentwicklung eingeschrieben. Demgemäß hielten viele Beobachter vor dem Sommer 1914 einen großen Krieg in Europa für unwahrscheinlich, wenn nicht prinzipiell ausgeschlossen. Sie wurden durch den Ersten Weltkrieg eines anderen belehrt.

Von dieser Erwartungsenttäuschung, diesem Bruch in der geschichtsphilosophischen Selbstverortung haben sich der Optimismus der bürgerlichen Klassen und die liberale Grundeinstellung eines Großteils der Gesellschaft nie mehr erholt. Auch die globale Ökonomie erlebte eine Disruption mit langwährenden Folgen: Erst in den 70er Jahren erreichte die Weltwirtschaft wieder das Niveau des Güteraustauschs, das sie in den Jahren vor Kriegsausbruch innegehabt hatte.

Keiner kann voraussagen, ob der Ukrainekrieg ähnliche Folgen haben wird. Zwar ist das unmittelbare Kriegsgeschehen nach wie vor räumlich begrenzt, aber auszuschließen ist ein tiefer Bruch in der globalen Ökonomie und den gesellschaftlichen Mentalitäten keineswegs. Und vor allem: Auf lange Zeit werden die Europäer wieder zum Vegetius-Modell der internationalen Ordnung zurückkehren und Staatshaushalte wie gesellschaftliche Mentalitäten an der Vorgabe des si pacem vis para bellum ausrichten – ausrichten müssen, denn sie tun das ja nicht, weil sie von sich aus darauf gekommen wären, sondern in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Sie haben die Erfahrung gemacht, dass ihre eigene Entscheidung, den Weg zu einem »Frieden mit immer weniger Waffen« zu beschreiten, nicht durchzuhalten war, weil sich eine Macht innerhalb ihres geopolitischen Raums zu einer Politik der kriegerischen Veränderung des Status quo entschlossen hatte. Das ist eine einschneidende Erfahrung, die die Friedensbewegung und alle, die sich ihren Zielen verbunden fühlten, in ihrem Kern getroffen hat: Die eigenen Motive und Zielsetzungen werden bedeutungslos, wenn auch nur ein einziger hinreichend mächtiger Akteur des betreffenden Raumes andere Absichten verfolgt.

Oder schärfer formuliert: die eigene Friedensorientierung ist politisch irrelevant, wenn nicht sämtliche relevanten Akteure diese Orientierung teilen oder – alternativ dazu – es keine Macht gibt, die gegen Friedensbrecher vorzugehen und sie an die Regeln des Friedens zu binden in der Lage ist. Doch eine solche Macht kann es in der Konfrontation mit einem nuklear bewaffneten Regelbrecher nicht geben. Das wiederum heißt, dass die Vegetius-Ordnung auf unabsehbare Zeit die Politik dominieren wird. Das ist die wohl folgenreichste Zäsur in der an Disruptionen überreichen Gegenwart.

Um die Folgen dessen zu begreifen, muss man sich die mit dem kantischen Friedensmodell verbundenen Erwartungen sowie dessen west- und mitteleuropäische Erfolgsgeschichte der letzten sieben Jahrzehnte noch einmal ansehen. Diese Ordnung ist ja keineswegs zustande gekommen, weil kantianische Philosophen an der Macht waren, sondern weil einige zutiefst pragmatische Politiker unter dem Eindruck zweier Weltkriege nach einer prinzipiellen Alternative zur Konfliktaustragung in Form von Krieg gesucht und dabei ein auf wirtschaftlicher Verflechtung beruhendes Projekt der europäischen Integration entwickelt haben, das sich als »Ordnung des Friedens und des Wohlstands«, wie sich die EU heute selbst bezeichnet, bewährt hat.

Das »Europa der Sechs« hat im Verlauf der 60er Jahre eine solche Attraktivität entwickelt, dass ihm weitere Staaten beitreten wollten und man nach dem Zusammenbruch des Ostblocks zu dem Ergebnis gelangte, man solle das in West- und Südeuropa bewährte Modell auf Ostmitteleuropa übertragen, unter anderem auch, um dafür zu sorgen, dass sich dort die Kriege der Zwischenkriegszeit von 1919 bis 1938 nicht wiederholten. Die jugoslawischen Zerfallskriege waren eine Warnung, dass die ethnischen Konflikte in diesem Raum sehr schnell wiederaufleben konnten.

Tatsächlich ist es der EU auf dem Balkan mit dem Versprechen des Wohlstandstransfers gelungen, die Kriegsgewalt zu beenden. Man hatte militärische Gewalt eingesetzt, um die Konfliktparteien zu trennen, aber den Frieden stabilisiert hat danach eher wirtschaftliche als militärische Macht. Währenddessen vollzog sich in Ostmitteleuropa eine friedliche Entwicklung zu einem allmählich wachsenden Wohlstand. Man war zuversichtlich, auf dem richtigen Weg zu sein.

Unter diesen Umständen blieb nur noch Russland, das aber zu groß und von seiner politischen Ordnung her ungeeignet war, ein Bestandteil der EU zu werden. Der Blick auf die politischen Konstellationen legte freilich die Vermutung nahe, dass die russischen Eliten mit der nach dem Zerfall der Sowjetunion in Osteuropa entstandenen politischen Ordnung unzufrieden waren und den Status quo verändern wollten. Russland war eine latent revisionistische Macht, bei der man damit rechnen musste, dass diese Dispositionen bei entsprechender Gelegenheit akut wurden.

Die Frage lautete somit, wie man das Interesse des Landes an der europäischen Friedensordnung wecken konnte. Darauf gab es drei mögliche Antworten: als erstes durch die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung eigener militärischer Fähigkeiten, und zwar solcher, die geeignet waren, die russische Führung von jeglicher Veränderung des Status quo in Europa abzuhalten; als zweites durch ein Entgegenkommen der Europäer gegenüber kleineren Revisionsbegehren der Russen, also durch Appeasement, oder, drittens durch den Anschluss Russlands an das westliche Wohlstandsprojekt, was hieß: durch eine wirtschaftliche Verflechtung, von der beide Seiten profitierten und bei deren Infragestellung oder Auflösung jede Seite erhebliche Nachteile haben würde.

Ersteres, die Parabellum-Politik gegenüber Russland wäre darauf hinausgelaufen, dass man das eigene Friedensprojekt aus Furcht vor seiner möglichen Beschädigung durch Russland selbst aufgegeben beziehungsweise auf den Binnenraum der EU beschränkt und Russland gegenüber auf das Vegetius-Modell gesetzt hätte. Das kam nicht infrage, solange Russland nicht als akut revisionistischer Akteur agierte und hätte in der eigenen Bevölkerung in Anbetracht der erheblichen finanziellen Nachteile auch keine Zustimmung gefunden.

Auch ein Appeasement gegenüber Russland war ausgeschlossen, weil die Europäer dann selbst den Status quo infrage gestellt und obendrein über die Köpfe der Betroffenen hinweg verhandelt hätten, um neue Grenzen zu ziehen, die Russland zufrieden stellen sollten.

So blieb also nur das Modell eines Wohlstandstransfers, das über die Hebung des russischen Lebensstandards die Macht im Osten von europäischen Kapitalzuflüssen abhängig machen und sie auf diese Weise pazifizieren sollte. Tatsächlich ist man dabei jedoch, wie sich jetzt zeigt, selbst von russischen Energielieferungen abhängig geworden.

Bittere Erfahrung des Scheiterns

Mehr noch als der russische Angriffskrieg wird die Erfahrung dieser Abhängigkeit und der mit ihr verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen dazu führen, dass es das Projekt einer Friedenssicherung durch wirtschaftliche Verflechtung, nennen wir es das Kant-Comte-Spencer-Modell, in Zukunft schwer haben wird, als grundsätzliche Alternative zur Vegetius-Ordnung akzeptiert zu werden, denn auch das Argument der geringeren Kosten wird angesichts der aktuellen Knappheitserfahrungen bei Energie und Rohstoffen keine große Überzeugungskraft mehr entfalten können.

Vermutlich werden spätere Generationen im Rückblick konstatieren, dass zu Beginn der 2020er Jahre eine große Chance vertan wurde, die Logik des Parabellum zu überwinden. Das macht zugleich verständlich, warum die Europäer mit den Deutschen an der Spitze so lange am Kant-Comte-Spencer-Modell festgehalten haben – auch dann noch, als absehbar war, dass Putin und die russische Führung den Vorgaben und Erwartungen dieses Modells nicht folgten. Sie haben gehofft, Russland doch noch auf der Spur eines ökonomisch geprägten Kosten-Nutzen-Kalküls zu halten.

Umso bitterer ist die Erfahrung des Scheiterns, unter anderem mit der paradoxen Konsequenz, dass viele zutiefst überzeugte Liberale inzwischen bedingungslose Anhänger der Vegetius-Ordnung geworden sind, während erhebliche Teile der politischen Rechten mit einer fast kantschen Positionierung hausieren gehen und mit Russland Hals über Kopf Frieden machen wollen, um möglichst schnell wieder zum wirtschaftlichen Austausch zurückkehren zu können.

Die Rückkehr zum Vegetius-Modell, von der hier angenommen wird, dass sie eine auf lange Zeit sein wird, ist jedoch nicht gleichbedeutend damit, dass es bei den Bemühungen um eine Beendigung des Krieges in der Ukraine keine Fortschritte geben wird, im Gegenteil: gerade hier muss sich die deutsche wie die europäische Politik um ein Vorankommen gegenüber der gegenwärtigen Situation bemühen. Das begann bei der Wiederaufnahme der Getreideexporte aus der Ukraine, setzt sich fort in einem regelmäßigen Austausch von Kriegsgefangenen und verliert dabei das Schicksal der ukrainischen Zivilisten nicht aus dem Auge, die aus den von russischem Militär besetzten Donbassgebieten auf russisches Territorium verbracht worden sind und von denen vermutlich viele in von der ukrainischen Regierung kontrollierte Gebiete ihres Landes zurückkehren wollen.

Das größere Ziel dieser Politik der kleinen Fortschritte ist aber die Herstellung eines politischen Zustands, in dem die Waffen schweigen und dem die Regierung der Ukraine uneingeschränkt zugestimmt hat, also eines Verhandlungsfriedens, der kein russischer Siegfrieden sein darf und kein ukrainischer Siegfrieden sein muss. Aber bis dahin ist es vermutlich ein langer Weg, zu dessen Zielerreichung aller Voraussicht nach europäische Sicherheitsgarantien für die territoriale Integrität der Ukraine gehören. Die aber können nur auf der Grundlage des Vegetius-Modells gegeben werden.

Das ist, zugegeben nicht der große Fortschritt, der zu Beginn dieses Jahres noch auf der politischen Tagesordnung gestanden hat und der mit dem russischen Angriff vom 24. Februar in weite Ferne gerückt (worden) ist. Aber politischer Fortschritt ist nun einmal immer Fortschritt auf der Grundlage der gegebenen Verhältnisse. Das unterscheidet ihn von den großen Entwürfen der Philosophen und Gesellschaftstheoretiker, die an zeitlosen normativen Idealen oder langfristigen Trends orientiert sind und nicht an den realen Gegebenheiten eines bestimmten Zeitpunkts.

Wer beides miteinander verwechselt oder gar vermischt, befördert nicht den Fortschritt, sondern macht nur die kleinen Fortschritte unbedeutsam. Er spricht ihnen eine Bedeutungslosigkeit angesichts von normativen Entwürfen zu, die geeignet ist, einer Politik der kleinen Fortschritte den Elan zu nehmen. Das ist weder klug noch politisch visionär, sondern nur selbstbezogen und eitel.

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