In diesen komplizierten Zeiten sehnen viele sich nach Haltepunkten. Nach Sicherheit – nicht zuletzt im Denken. Deshalb die vielen falschen Vereinfachungen. Deshalb der große Bedarf an seriöser, abgewogener Orientierung. Und wenn man fragt, woher die kommen soll, deuten viele mit dem Finger doch wieder auf die Politik, über die sie sonst so gerne schimpfen.

Nennen wir es die politische Führungsaufgabe: Um sie geht es letztlich in allen Texten im Themenschwerpunkt dieses Heftes, direkt oder indirekt. Wer die Frage aufwirft, wohin das Land steuert (oder gesteuert werden sollte), landet schnell aber auch beim Thema Steuerungsfähigkeit – und Steuerungswilligkeit, verstanden als demokratische Anstrengung aller. Ja, auch das ist eine offene Frage geworden. Umso wichtiger, sie hartnäckig und lautstark aufzuwerfen. Und sich nicht einlullen zu lassen. Als ob es egal wäre, ob das Land demnächst wieder konservativer wird: Viel zu teilnahmslos nehmen zu viele das aktuelle Meinungsklima hin. Eine rechtskonservative Sicht auf die Welt braucht das Land am allerwenigsten.

Die Erfolge der Populisten im Osten und die damit aufgeworfenen Vertrauensfragen bestimmen jetzt die innenpolitische Diskussion. Ein kluger Autor hat dazu, ergänzend zum Thema Brandmauern das Wort »Haltelinien« benutzt. Er meint damit, dass Abgrenzung alleine nicht reicht.

Es braucht die Brandmauern gegen rechts, wo immer Menschen- und Demokratieverachtung erkennbar werden. Niemand darf es den Konservativen durchgehen lassen, wenn sie aus Machttaktik an diesen Mauern rütteln. Aber es braucht dringend auch mehr Haltelinien diesseits. Demokratische Angebote, die Menschen davon abhalten, den Populisten hinterherzulaufen. Dies ist so etwas wie die Megaherausforderung. Das Oberthema neben den vielen guten Detailargumenten, die unsere Autorinnen und Autoren anbieten.

Das weltoffene Gegenmodell zur rechten Engstirnigkeit attraktiv machen: darum geht es. Wieder klar zeigen, wie ein guter Weg aussehen kann. Wer ihn geht, wird viele mögliche Haltelinien entdecken, die gestärkt werden müssen. Es ist nur ein Ratschlag: Bitte beim Lesen immer an diese große, überwölbende Fragestellung denken. Dann funktioniert umso besser, was jede gute Lektüre ausmacht: Sie löst etwas aus. Wohin steuert das Land? Es ist keine Frage nur an andere.