Die offenen Fragen bleiben: Das ist die Lage zwischen Wahl und Regierungsbildung. Im Wahlkampf wurde das Themenspektrum sehr verengt, vorwiegend auf Migration und Wirtschaftslage. Als Subtext stand immer die Behauptung von rechts im Raum, es bewege sich nichts, die Politik sei handlungsunfähig. Das Gegenteil muss bewiesen werden, quer durch das politische Themenspektrum.
Dieses Heft legt den Schwerpunkt deshalb auf die Vielfalt der Probleme und Lösungswege. Kein Zufall, dass da viele soziale Fragen sind. Themen, die vor der Wahl nicht im Zentrum standen. Armut, Pflege, Wohnungsbau zum Beispiel. Demokratie- und sozialverträgliche Digitalisierung aber auch als übergreifende Aufgabe.
Wenn es eine Lehre aus der Attraktivität der rechten Populisten gibt, dann ist es die: Die offene Demokratie hat ein Vermittlungsproblem, das von einem Wirkungsproblem herkommt. Abwechselnd wird ihr Bevormundung und Handlungsunfähigkeit vorgeworfen, so wie es gerade passt. Es ist eine Ablenkungsdebatte, leider einfach zu führen. Der wirkliche Konflikt ist komplizierter – und realer.
Beim Wirkungsproblem geht es zentral immer um die Verteilungsfrage. Darum, wie viel Geld wofür mobilisiert werden soll. Daran vor allem war die Ampel zerbrochen. Es ist ein realer Interessenkonflikt, der Kern fast aller politischen Debatten. Dass die Merz-Union wieder mal lieber das rechte Mobilisierungsthema Migration hochgespielt hat, ist kein gutes Zeichen. Wirksame Politik, die die Werte der offenen Gesellschaft stärkt statt sie auszuhöhlen: das ist die Aufgabe, dickes Ausrufezeichen.
Die Bilder vom Januar wirken nach, als die Rechtsextremen dank des Kanzlerkandidaten der Union schon ihre neue Zeit angebrochen sahen. Welche neue Zeit setzt die politische Mitte dem entgegen? Die Lähmung der Ampeljahre kam daher, dass ein Teil der damaligen Koalition sie nicht wirklich wollte. Die nächste Koalition ist nun in Glaubwürdigkeitshinsicht vielleicht schon eine letzte Chance.
Verlässlichkeit braucht es wieder, Ernsthaftigkeit und Ergebniswille. Dann ist sehr viel zu tun. Regieren als Demokratiearbeit: auch das, falls Zusammenführendes dabei heraus kommt und nicht Spaltendes. Kein eitles Machtspiel mehr ab jetzt: Es ist der Ernstfall. Ausrufezeichen.
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!