Menü

Zwischenruf: Lauft Trump nicht hinterher!

Die Riege der neuen Hofschranzen saß bei der Amtseinführung bekanntlich in Reihe eins. Die Tech-Milliardäre der USA, die jetzt ihre Bücklinge vor Donald Trump machen, schämen sich kein bisschen. Großes Geld arrangiert sich gerne. So weit, so peinlich, so bekannt aus der Weltgeschichte des politischen Opportunismus. Über die Gefahr, dass in Trump-Land jetzt die Verbündeten des Chefoligarchen jegliche politische Kommunikation in neuartiger Weise besitzend steuern können, ist seitdem viel diskutiert worden. Es ist ein Stück Aushebelung der unabhängigen Meinungsbildung. Weniger plump als durch Zensur und Repression wie in Russland oder China, aber vielleicht dauerhaft ähnlich effektiv. Und wirksam nicht nur im eigenen Land.

Noch viel erschütternder als diese Wandlung der inneren Verhältnisse ist aber die Geschwindigkeit, mit der weltweit überlegt wird, wie man den Drachen im Weißen Haus besänftigen könnte – durch das eine oder andere kleine Opfer vor allem. Da fällt dann immer das Zauberwort Deal, was ja bedeutet, dass ein Geben und Nehmen organisiert werden muss. Aber bedeutet Deal letztlich nicht, dass die Denkweise des Trumpismus als Geschäftsgrundlage zu akzeptieren wäre? Weil ja die Interessen dieser autoritär-rassistisch-nationalistischen Haltung bedient werden müssen?

Neue Normalität?

Noch sind das offene Fragen, die Antworten müssen immer wieder neu gegeben werden und in der einen oder anderen Wirtschaftsfrage (Zölle) wird es natürlich auch Kuhhändel geben müssen. Aber international zeigt sich schon, wie sich Denkweisen ändern, wie trumpsche Denkfiguren – eine Politik der rechtsetzenden Stärke zum Beispiel – als neue Normalität hingenommen werden. Und wie Zeitenwendepublizisten triumphierend (weithin unwidersprochen) das Ende einer angeblich jahrzehntelangen liberal-sozialen Denkhegemonie bejubeln.

Zweifellos gehörten drei Wochen vor der deutschen Wahl auch die merzschen Abbrucharbeiten an der Brandmauer in diese Rubrik. Offenkundig war der Kanzlerkandidat von zu vielen Fox-News geprägt, als er verkündete, gleich am ersten Tag einer erhofften Amtszeit per Richtlinienkompetenz – sozusagen in royaler Alleinverantwortung – für eine radikale Wende in der Migrationspolitik zu sorgen. Donald T. hätte es kaum arroganter ankündigen können. Friedrich M. fand überhaupt nichts dabei, auch er kann sich anderes Denken als das eigene nur schwer vorstellen. Und agiert dann wie Trump in der Logik sehr altmodischer männlicher Machtspiele. Es sind solche Beispiele, die zeigen, wie schnell ein Anpassungsprozess ablaufen kann, wenn viele einer ausgrenzenden Denkweise hinterherlaufen, wie sie der internationale Trumpismus darstellt. Deshalb ist es eben nicht nur eine Frage des politischen Apparats, der außenpolitischen oder gar nur der diplomatischen Taktik, wie damit umgegangen wird. Es ist eine Frage der gesellschaftlichen Antwort – inklusive der Vergewisserung oder eben des Abwerfens liberaler Werte.

»Die Kombination aus autoritär und antistaatlich macht den Trumpismus anschlussfähig für den Neo­liberalismus.«

Wobei Trump aber gerade nicht nur altbackenes rechtes Denken aktiviert. Was da von Amerika ausgehend gelingt, ist eine Inszenierung als Aufbruch, als etwas Neues nach den vielfältigen Blockaden einer steckengebliebenen multilateralen Zeit, siehe speziell die EU. Zugleich autoritär und geradezu antistaatlich, auch diese Kombination ist neu und macht den Trumpismus anschlussfähig für den Neoliberalismus. Als wäre da ein unsichtbarer Magnet, der Menschen (zumal junge) wegzieht von den Mühen der politischen Kompromisssuche.

Österreich führt vor, was passiert, wenn dabei das Zusammenfinden der demokratischen Mitte keinen Vorrang mehr hat, wie es in den USA seit Legislaturperioden der Fall ist. Wenn dann die konservativen Parteien unter Anpassungsdruck von rechts nachgeben. Wenn schließlich – so erlebt bei den US-Republikanern oder den Tories in Großbritannien – Trumpisten diese Parteien übernehmen und zu ignoranten Kampfmaschinen gegen alles Weltoffen-Linke umbauen.

Die Gefahr des Deals mit ihnen ist, dass die Haltelinien verschwimmen. Bei Merzens Brandmauerdesaster im Bundestag Ende Januar gab es Momente, in denen er tatsächlich glaubte, Sozialdemokraten und Grüne auf seine eigene Denkgrundlage zwingen zu können. Geht das so weiter, ist die Mitte dauerhaft handlungsunfähig und ein tatsächliches Rechtsbündnis nur eine Frage der Zeit. Während umgekehrt die linke Mitte den rechten Mobilisierungsthemen kaum mehr ausweichen kann, aber dabei mit der eigenen Grundhaltung nicht mehr durchdringt – schon weil sie ja alleine nicht mehr mehrheitsfähig ist.

Einer wie Trump wird immer wieder versuchen, dem Rest der Welt Vorgaben zu machen. Mit der Forderung, horrende fünf Prozent des Inlandsprodukts für die Rüstung auszugeben, hat das begonnen – und wenn selbst da dann prompt Deals angeboten werden, verschiebt das ständig die Maßstäbe und Realitäten. Mit ihm leben werden alle müssen, aber hinterherlaufen muss Donald Trump und seinen Gesinnungsgenossen niemand.

Ansatz zum Bessermachen ohne Problemignoranz

In der Alternative zu ihm klar zu bleiben, bedeutet nicht, Probleme zu ignorieren, nur weil die Trumpisten darauf menschenverachtende Antworten geben. Im Gegenteil: Letztlich kann alleine kooperative, soziale Politik auf Augenhöhe, Multilateralismus also im besten Sinne, die weltweiten Migrationsströme stoppen. Was bedeutet: Neben dem Anti muss es ein Pro geben, einen Ansatz zum Bessermachen ohne Problemignoranz. Aber keinen unrealistischen, selbst wieder nur isolierenden, polarisierenden Ansatz wie zum Beispiel bei der auferstandenen alten Linken in Frankreich.

Ob das noch möglich ist, wenn die Konservativen und teilweise auch die Liberalen den Trumpisten nachlaufen? Es ist die entscheidende Frage der Gegenwart und es gibt für eine positive Antwort zwei Ansatzpunkte: Auch im ehemaligen bürgerlichen Lager gibt es Widerstand der Anständigen, kurz vor der deutschen Wahl sichtbar bis hin zur Altkanzlerin. Und: Die linke Mitte muss sich nun wirklich nicht einigeln in ihrer schrumpfenden, alternden Teilwelt.

Sie muss dann aber Emanzipation und Freiheit konstruktiver denken, anschlussfähig für Unduldsame. Sie muss statt ihres Hangs zum Rechthaben die Wirksamkeit von Politik zum Erfolgsmaßstab machen. Also tatsächlich etwas bewegen statt den Stillstand im Abwehrkampf schon als Erfolg zu sehen. Unvermeidbar dann im transparenten demokratischen Kompromiss, aber kompromisslos bei Menschenbild und Wertehaltung. Doch niemals dem gefährlichen Weltbild der Trumpisten hinterherlaufen.

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Nach oben